Tierwelt in der Nordsee: Immer weniger Seehunde im Wattenmeer
Im vierten Jahr in Folge ging 2023 die Zahl der Seehunde im Wattenmeer zurück. Die Ursachen seien unklar, sagen Experten.
Während die Zahl der Seehunde im Wattenmeer nach Angaben des Sekretariats zwischen 2003 und 2012 stetig zunahm und in den folgenden Jahren bis 2020 stabil blieb, ging sie anschließend zurück. Dieser Trend setzte sich 2024 demnach bereits das vierte Jahr in Folge fort. Heute sei der Seehundbestand wieder kleiner als vor zehn Jahren, berichtete die Einrichtung am Montag.
Die Ursachen sind den Experten zufolge größtenteils unklar. Ausgeschlossen werden können nur Krankheiten oder großflächige Abwanderungsbewegungen als „Hauptfaktoren“. Laut Wattenmeersekretariat werden unter anderem Konkurrenz durch andere Tiere um Nahrungsressourcen sowie „menschliche Aktivitäten“ als mögliche Gründe diskutiert. „Weitere Forschung ist notwendig, um fundierte Maßnahmen zum Schutz der Seehundpopulation zu entwickeln.“
Generell gesunkene Überlebensrate
Der aktuellen Bestandserhebung zufolge lebten im gesamten Wattenmeergebiet im August 23.772 Seehunde, wobei die Entwicklung regional unterschiedlich war. In Dänemark sank die Zahl im Vorjahresvergleich um sechs Prozent, in den Niederlanden um zwei Prozent. Im deutschen Wattenmeer lebten dagegen mehr Seehunde als 2023: In Schleswig-Holstein stieg ihre Zahl um sieben Prozent, in Niedersachsen und Hamburg sogar um 14 Prozent. Auf Helgoland sank sie um 22 Prozent, die Kolonie dort ist mit 56 Tieren aber nur klein.
Eine separate Nachwuchszählung im Juni ergab nach Angaben des Sekretariats zudem nur einen Bestand von insgesamt 8.230 Jungtieren, was einem Rückgang gegenüber 2023 um zwölf Prozent entspricht. Außer in Dänemark lag die Zahl überall niedriger als im Vorjahr. Als Ursache vermuteten Experten demnach den tendenziellen Rückgang fortpflanzungsfähiger Weibchen aufgrund einer generell gesunkenen Überlebensrate von Jungtieren in den vergangenen Jahren.
Seehunde und die mit ihnen verwandten größeren Kegelrobben lebten früher in großer Zahl in Nord- und Ostsee, wurden jedoch im Lauf des vergangenen Jahrhunderts drastisch dezimiert. Durch intensive Schutzmaßnahmen begannen sich ihre Bestände seit den 70er Jahren langsam zu erholen. Das Wattenmeer erstreckt sich über eine Gesamtlänge von mehr als 500 Kilometern entlang der Nordseeküsten der Niederlande, Deutschlands sowie Dänemarks. Es ist seit 2009 Unesco-Weltnaturerbe, die drei Anrainerstaaten schützen es gemeinsam.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin