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Therapeut Jesper Juul zu Patchworkfamilien"Es sind ja hauptsächlich Stiefväter"

Wenn Eltern auseinandergehen, ist das für viele Kinder traumatisierend, sagt Familientherapie-Ikone Jesper Juul. Und erklärt, wie Patchworkfamilien funktionieren können.

Wichtig: Der Blick auf Väter. Stiefväter müssen ihre Rolle erst noch finden, sagt Jesper Juul. Bild: JeffSCC-BY
Kathrin Burger
Interview von Kathrin Burger

taz: Könnten Sie in zwei, drei Sätzen sagen, wie Patchworkfamilien gut funktionieren können?

Jesper Juul: Im Grunde ist es genau dasselbe wie in jeder anderen Familie, etwa sollte man dem Kind gleichwürdig begegnen, nur dass dann noch ein paar Sachen dazukommen. Ich glaube, es ist zum Beispiel wichtig, dass man von Anfang an sogenannte Familienkonferenzen macht, bei denen jeder reihum sagen kann - ohne dass die anderen dies bewerten -, was ihm auf dem Herzen liegt. Jede Patchworkfamilie ist ein soziales Experiment, da ist es gut, einmal im Monat zu wissen, wo die Familie mit diesem Experiment steht.

Kann man sagen, dass Patchwork gut für Kinder ist, etwa weil es für das Leben schult?

Bild: privat
Im Interview: JESPER JUUL

JESPER JUUL 63, ist Familientherapeut. Der Däne gründete 2007 das Elternberatungsprojekt FamilyLab International. Sein neuestes Buch "Aus Stiefeltern werden Bonuseltern" ist 2011 im Kösel Verlag erschienen.

Ja, aber nur dann, wenn der Bonusvater oder die Bonusmutter ein guter Erwachsenenfreund wird. Patchworkkinder sind ja heute oft Pendler, daraus ergeben sich viele Schwierigkeiten. Wenn die leiblichen Eltern sich dann nicht gut einigen, nicht reden oder ständig nur streiten, wo geht das Kind dann hin mit seinen Sorgen? Dann ist es gut, wenn es eine Bonusmama oder einen Bonuspapa gibt, der etwa mal alleine mit dem Kind zum Pizzaessen geht und sich seine Probleme anhört.

Wie soll man es nicht machen?

Schlecht ist es, wenn Eltern nach der Trennung wegen Schuldgefühlen dem Kind zu viele Freiheiten einräumen. Wenn dann nämlich ein Stiefvater dazukommt und die Erzieherrolle übernimmt, dann entstehen die vielen Probleme. Dann fangen die Erwachsenen an, sich wegen des Kindes zu streiten. Kinder sind aber überzeugt, dass der Fehler bei ihnen liegt. Zudem kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Kind und Stiefvater.

Sie sagen: Kinder zwischen 3 und 13 Jahren haben es in Patchworkfamilien am schwersten.

Die ganz kleinen Kinder sind gefühlsmäßig nicht so berührt. Die trauern nicht so viel. Tatsache ist, dass, wenn sich die Eltern trennen, die Kinder meist bei der Mutter leben. Der Vater war vorher zu 80 Prozent der Fälle aber gar nicht anwesend. Es konnte also auch keine Bindung zum Vater entstehen.

Sollten Eltern also wegen der Kinder möglichst lange zusammenbleiben?

Das ist schwierig zu beurteilen. Als Psychotherapeuten haben wir viele Erwachsene in unserer Praxis getroffen, die in so einer Familie gelebt haben. Die einen sagten: "Das war ein Elternhaus ohne Liebe." Andere sagen: "Mir hat das gut gepasst." Alles, was wir wissen, ist: Es geht den Kindern optimal gut, wenn die Eltern anständig miteinander umgehen, dazu gehören auch Emotionen wie Trauer und Wut, das schadet niemandem.

Bedeutet die Trennung der Eltern immer ein Trauma für Kinder, oder wie kann man das annehmbar gestalten?

Eine Trennung bedeutet für alle Beteiligten Trauer. Aber es kommt bei den Kindern nur zu einer Traumatisierung, wenn die Scheidung sehr dramatisch verläuft, besonders wenn die Eltern die Kinder gegeneinander benutzen. Ich glaube, dass Trennungen für viele Kinder viel traumatisierender sind, als wir meinen. Aber es ist politisch nicht korrekt, das zu sagen, darum gibt es auch keine Forschungsgelder. Allerdings wäre es wichtig, hier mehr Klarheit zu haben, Kinder können nämlich auf Traumata genau wie Erwachsene mit einem Posttraumatischen Stresssyndrom reagieren. Dann verlieren sie das Kurzzeitgedächtnis und die Leistungen in der Schule sacken ab.

Patchworkfamilien gab es ja eigentlich schon immer, warum hat der Mensch bis heute keine gute soziale Anpassung an diese Familienform entwickelt?

Früher hatten wir es mit einer anderen Art Stieffamilie zu tun. Da sind die Mütter im Kindsbett gestorben und es war eine soziale Notwendigkeit für den Mann, sich eine neue Frau zu suchen. Der Mann erwartete von ihr, dass sie jetzt alles übernimmt, was mit Haushalt, Arbeit auf dem Feld und den Kindern zu tun hat. Das war eine Überforderung. Den Mann konnte sie aber nicht damit konfrontieren, sie konnte sich auch nicht einfach scheiden lassen. Das hat aus den Stiefmüttern wütende, aggressive und bittere Frauen gemacht, die ihre Wut häufig an den Kindern ausließen. Und das hat zu dem schlechten Image der "bösen Stiefmutter" geführt, das wir auch aus Märchen kennen. Heute gibt es ja hauptsächlich Stiefväter. Sie müssen ihre Rolle erst noch finden.

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3 Kommentare

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  • Y
    Yoda

    So lange es die Politik und die Feministinnen aus derer das sagen haben , so lange wird sich auch nichts ändern.Eine Scheidung ist für viele Personen unserer Gesellschaft sehr lukrativ, da wäre der Anwalt, auch gibt es immer ein Gewinner, das ist politisch so gewünscht. Zum Beispiel meine ex Nachbarin,aus dem einfachen Mietshaus; er arbeitet Vollzeit und mehr, Sie, langweilt sich mit 2 Kleinkindern und meinte zu mir , Sie werde sich von Ihrem mann trennen das wäre ihr alles zu langweilig ect. Der Vater der Kinder tut mir leid. Sorry , aber er ist das Opfer ,zahlt nun an 1000.- €uronen monatl., Unterhalt an seine Kinder, darf die Kinder kaum sehen usw. Wenn man Kinder in die Welt setzt , dann trägt man auch die Verantwortung für diese, dann sollte man auch den Mut und die Kraft aufbringen das Beste daraus zu machen und den inneren Schweinehund mal kräftig in den Arsch treten. Denn auf der Strecke bleibt ein Kind immer der Verlierer.Und zum Thema Jugendamt braucht man ja nun man wirklich nichts mehr zu sagen, kein wunder also das so viele Kinder einen Psychologen benötigen, zumindest das boomt.Was für eine egoistische Gesellschaft.

  • H
    Homeboy

    Zusammenbleiben nur wegen der Kinder zu propagieren ist falsch. Ein Aufwachsen in einer Familie, in der die Eltern nicht zueinander passen und sich gegenseitig kaputtmachen ist für Kinder wesentlich traumatisierender, als eine Trennung. Wenn man hier schon mit alten Bildlichkeiten wie der "bösen Stiefmutter" kommt, dann gilt doch eher der Satz "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende."

  • L
    lisa

    darüber braucht man sich doch keine Gedanken mehr zu machen. Traumatas bei Kids, wenn sich die Eltern trennen. Was sollen dann solche Kids sagen http://bit.ly/mSg7gT - Eine Leseprobe aus der Biografie von Menowin Fröhlich. Ein Staat nimmt 4 Kinder kurz nach der Geburt aus der Familie, hinterlässt aber ein einzelnes Kind bei der Mutter ohne seelische Nachsorge. Dass es überhaupt da verblieb, muss mir mal jemand erklären. In dieser Biografie sind Hämmer drin, wenn die nur ansatzweise stimmen, brauchen wir uns keine Gedanken mehr machen, warum unser Land den Bach runter geht. Humanität nur noch für die Mittelschicht.