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„Themenwoche Toleranz“ bei der ARDDie Oma und die Roma

Für den ARD-Film „Bis zum Ende der Welt“ holten sich Produzent und Regisseur Rat von der „Rom und Cinti Union“. Klischees werden trotzdem bedient.

Bero spielt toll Akkordeon. Maria will ihn fördern. Leider allzu rührseliges Primetime-Fernsehen. Bild: Georges Pauly/ARD

„Was will die denn mit den Zigeunern?“, war von aufgebrachten Schaulustigen in Hamburg-Wilhelmsburg zu hören, als dort vor etwas mehr als einem Jahr die Außenszenen des Films „Bis zum Ende der Welt“ mit Christiane Hörbiger gedreht wurden. Anlass für den Unmut war die Anwesenheit einiger Roma, die in dem Drama an der Seite der 76 Jahre alten Schauspielerin als Komparsen und Nebendarsteller zu sehen sind. Am Montag ab 20.15 Uhr können sich die Pöbler noch einmal vor dem Fernseher aufregen. Der 90-Minüter ist eine von drei fiktionalen ARD-Produktionen, die im Rahmen der seit Samstag laufenden „Themenwoche Toleranz“ gezeigt werden.

Die Story ist rasch erzählt: Die Witwe Maria Nikolai (Hörbiger) traut sich kaum noch vor die Tür, seitdem in ihrem Viertel zunehmend Ausländer leben, vor allem die Roma-Flüchtlinge aus ihrem Haus betrachtet sie als Gesindel. Aber wie es dann so ist: Beim Einkaufen fällt ihr das Portemonnaie aus der Tasche – und es ist der Roma-Junge Bero (Samy Abdel Fattah), der es ihr nach Hause bringt. Als er etwas später in ihrer Wohnung Unterschlupf vor rechtsradikalen Schlägern findet, erkennt die Rentnerin seine musikalische Begabung. Die musikbegeisterte Frau fördert den Jungen, lernt seine Familie kennen und kann einen Teil ihrer Vorurteile überwinden.

Produzent Markus Trebitsch und Regisseur Matthias Tiefenbacher ließen sich für den Film von der in Hamburg ansässigen Rom und Cinti Union beraten. Vertreter des Vereins haben das Skript von Thorsten Näter gelesen, das Casting sowie Gespräche mit Roma organisiert und waren täglich am Set.

„Ich war skeptisch, als ich das Drehbuch in die Hand bekam“, sagt der Vorsitzende Rudko Kawczynski. „Wir wurden in den vergangenen Jahren immer mal wieder um Fachberatung gebeten, aber da wollte man meist nur ein paar Alibi-Roma zur Dekoration im Film haben und hat ansonsten munter Vorurteile und Stereotype wiederholt. Da ging es nur um schlitzohrige Zigeuner, die betteln und sonst nichts zu tun haben. Dieses ganze dumme Zeug. Deshalb hatten wir eigentlich entschieden, so etwas gar nicht mehr anzubieten.“

„Alles direkt aus dem Alltag gegriffen“

In diesem Fall sei es aber anders gewesen: „Ich habe mich und die Geschichten vieler anderer Roma in dem Drehbuch wiedergefunden. Das ganze Filmteam inklusive der Schauspieler war neugierig und wollte die Reproduktion von Vorurteilen unbedingt vermeiden.“ Natürlich werden in dem Film nicht die Problemlagen und Biografien sämtlicher Roma in Deutschland verhandelt. Im Zentrum steht die Situation einer Flüchtlingsfamilie, die unter Armut, ihrer beengten Wohnsituation und mies bezahlten Knochenjobs leidet.

Der Film

„Bis zum Ende der Welt“, Mo. 17. November, 20.15 Uhr, ARD

Interessant ist auch die Nebengeschichte einer Polizistin (Marie-Lou Sellem), die aus Angst vor Diskriminierung ihre Herkunft verleugnet. „Das ist alles direkt aus dem Alltag gegriffen“, sagt Kawczynski. „Es ist immer ein guter Weg, solche Geschichten aus der Sicht der Betroffenen zu erzählen. Nicht nur über sie, sondern mit ihnen zu reden. Ich bin sicher, dass dank der realistischen Darstellung einige Zuschauer Aha-Erlebnisse haben und zum Nachdenken angeregt werden.“

Das wäre erfreulich. Das Vorgehen der Filmemacher ist aller Ehren wert, und der Film bietet sicherlich einen guten Einblick in Lebenswelten, die selten Thema von Primetime-Spielfilmen sind. Leider hat „Bis zum Ende der Welt“ aber auch zahlreiche Schwächen. So kommt die simpel gestrickte Geschichte ohne jegliche Überraschungen daher. Wer schon einmal einen dieser typischen Degeto-Filme gesehen hat, wird auch bei diesem nach zehn Minuten den Rest der Handlung vorhersagen können. Viele Dialoge haben vor allem den pädagogischen Zweck, den Zuschauer auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen – und klingen dabei nicht gerade wie aus dem Leben gegriffen.

Entscheidung für ein Klischee

Allzu rührselig wird es im Zusammenspiel zwischen alter Dame und jungem Musiktalent. Der sanftmütige Knabe besitzt keine einzige schlechte Eigenschaft und geht immer brav zum Integrationskurs, dennoch wirkt das übermäßige Engagement der alten Dame nicht glaubwürdig. Und auch, dass der Junge so schön Akkordeon spielen kann, ist letztlich doch eine Entscheidung für ein Klischee.

Vielleicht sollte man Begrifflichkeiten von Themenwochen nicht auf die Goldwaage legen, aber es stellt sich auch die Frage, warum dieser Film unter dem Label „Themenwoche Toleranz“ läuft. Der ohnehin schwammige Begriff „Toleranz“ führt in die Irre. Er sendet das Signal an die Zuschauer, dass „die Roma“ ein negativ von der Norm abweichendes Verhalten an den Tag legen, das man tolerieren möge. Diese Botschaft vermittelt „Bis zum Ende der Welt“ aber gar nicht. Zum Glück.

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