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Themenläden und andere ClubsGut drauf sein

■ Hinter Gästelisten verbirgt sich oft ein kompliziertes Regelwerk

Clubs sind keine sonderlich demokratisch verfassten Institutionen. Das ist zwar nichts Neues, doch noch immer werden Hoffnungen solcherart auf sie projiziert, hier sei es möglich, gewisse Freiräume zu schaffen. Doch wer in den Freiraum möchte, muss am Türsteher vorbei. Denn, wie der Name schon sagt, Clubs sind nur für Mitglieder. Natürlich kommen auch alle anderen irgendwie rein, aber eben nur als zahlende Zuschauer. Die strahlenden Akteure des Nachtlebens stehen auf der Gästeliste.

„Ich steh auf der Gästeliste von Horst.“ – „Name?“ – „Thomas.“ – „Hab ich hier nicht.“ – „Kann nicht sein. Ich hab doch vorhin noch mit dem telefoniert. Dann guck mal bei der Liste von Charlotte.“ – „Die arbeitet heute nicht.“ – „Das kann doch gar nicht sein. Ich bin mit der hier verabredet.“ Solche Debatten können sich hinziehen. Zumal es ja immer möglich ist, dass die Geschichte stimmt.

Doch währenddessen wächst die Schlange, und diejenigen, die wissen, dass es sich bei all diesen Erklärungen sowieso nur um Lügen eines armen Würstchens handelt, schwanken hin und her: zwischen dem Stöhnen darüber, dass man warten muss, und dem stoischen Schweigen desjenigen, der versucht, solche Zwischenfälle aus der Wahrnehmung auszublenden, da sie sich vor der Türe der realen Welt abspielen, schließlich zählen im Nachtleben nur die Probleme, die sich dahinter abspielen. Doch so einfach die Gästeliste funktioniert – entweder man ist drauf oder nicht –, so kompliziert ist das Regelwerk, das die Namen zusammenstellt. Erst mal sind natürlich alle auf der Liste, die mit dem Club etwas zu tun haben, dann ihre Freunde und manchmal auch noch deren Freunde, die dann aber nicht mehr „plus eins“.

Dann gibt es diejenigen, die irgendwie wichtig sind. Also die, die immer da sind, oder die, die ganz selten da sind. Die aber verbindet, dass die Betreiber des Clubs gesteigerten Wert auf ihre Anwesenheit legen, wie bekannte DJs oder glamouröse Frauen. Außerdem sind da noch die, auf deren Anwesenheit niemand größeren Wert legt, die aber die Macht repräsentieren, mit der man es sich besser nicht verscherzt: also etwa Neuberliner Medienschaffende aus Westdeutschland oder freie Mitarbeiter der Spex, von denen man indirekt die Gegenleistung erwartet, irgendwann einmal in ihrem Blatt aufzutauchen.

Und zu guter Letzt gibt es noch diejenigen, die in anderen Clubs arbeiten, wo man auch einmal in die Verlegenheit geraten könnte, auf der Gästeliste stehen zu wollen. Das sind eine ganze Menge Menschen, und es gibt Läden, wo extra eine Türe nur für die Gästeliste eingerichtet wird und wo die Schlange vor diesem Eingang um Einiges länger ist als am regulären Einlass. Kompliziert und vereinfacht zugleich wird das Ganze noch durch Clubmarken, die manche Läden ausgeben, denn die folgen zwar ähnlichen Gesetzen, gelten aber immer. Das heißt, wer sie einmal hat, kommt auch dann noch rein, wenn er eigentlich nicht mehr auf die Gästeliste kommen würde. Da aber Nachtleben vor allem von Mobilität, Veränderung und Dynamik handelt, man aber nicht alle sechs Monate neue Clubmarken ausgeben kann, sind die Clubmarken eine Art Gästeliste mit Zeitverzögerung.

Nun könnte man einwenden, es gehe lediglich darum, umsonst den Club zu betreten. Doch im Vergleich dazu, was man in Alkohol und Drogen investiert, ist der Eintritt zu vernachlässigen. Und Gästelisten handeln nicht von Geld. Gästelisten regeln den freien Zugang zu den Orten, wo sich in Berlin für viele Leute der Raum hin verlagert hat, wo sich das wirkliche Leben abspielt. Orte der wichtigen Gespräche und der Selbstvergewisserung. Die Orte, an deren Momente man sich erinnert, weil man sich an nichts mehr erinnern kann. Wer auf der Gästeliste steht, der spielt mit – wer zahlt, der konsumiert. Tobias Rapp

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