Theatertipps der Woche: Orakel und Rätsel
Die Neuköllner Oper erweckt Beethoven zum Leben. Die Volksbühne blickt in die Zukunft, das TD in die unsichtbaren Tiefen des Cyberspace.
D as Szenario klingt eher nach 1945 als nach 2021: die Philharmonie ist zerstört, das Orchester sitzt in den Trümmern und plötzlich taucht ein Fremder auf, der behauptet, Beethoven zu sein. Und zwar höchst persönlich, obwohl der eigentlich seit 1827 tot sein müsste. So steht es zumindest bei Wikipedia.
In der Neuköllner Oper aber sieht man die Dinge offenbar anders. Dort wird am Donnerstag „Der Mann, der sich Beethoven nannte“ uraufgeführt, wo eben jener Mann eine Rolle spielt, der sich im Jahr 2020, in der die Geschichte spielt, als Beethoven ausgibt. Der Schriftsteller Moritz Rinke die Geschichte erdacht, der Regisseur Mathias Schönsee sie gemeinsam mit dem transkulturellen Trickster Orchestra umgesetzt: ein Schauspiel mit Musik, das sich vorgenommen hat, die west-weiß-europäische Musikgeschichte herauszufordern.
Unter dem Beschuss des Abend soll aber auch eine (Hoch-) Kultur stehen, die statt der künstlerischen Schöpfung „nur deren Warenwert im Blick hat und eine Welt, die ihren natürlichen Lebensraum systematisch vernichtet“, wie es auf der Webseite heißt (Neuköllner Oper: „Der Mann, der sich Beethoven nannte“, Uraufführung 2. 12., 20 Uhr, www.neukoellneroper.de).
Das neue Stück der Choreografin Constanza Macras, das am Samstag in der Volksbühne herauskommt, heisst einfach „The Future“. Darin setzten sich die Choreografin und ihre Kompagnie Dorky Park mit der menschlichen Sehnsucht auseinander, in die Zukunft schauen zu können.
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Bis in die Antike reicht das Material, das dem Abend zu Grunde liegt, wo Orakel befragt und in Eingeweiden von Opfertieren gelesen wurde. Aber auch Fernsehwahrsager und Sarah Connor werden eine Rolle spielen, wie man der Ankündigung entnehmen kann (Volksbühne: „The Future“, Premiere 4.12., 19.30 Uhr, alle Infos & Termine: www.volksbuehne.berlin).
Die Künstler des Kollektivs „Internil“ um Arne Vogelgesang erforschen für Normalos die unsichtbaren Tiefen des Internets, heften sich an die Spuren von Extremisten und Cyberterroristen. In der neuen Arbeit „Blackout“, die im TD Berlin herauskommt, geht es um Kontrollverlust und unsichtbare Gefahren des Cyberspace.
Ein Thema sind die verwischten Übergänge zwischen Krieg und Games im virtuellen Raum und Computerwürmer, die sich auf den Weg machen, um Rechner oder Netzwerke anzugreifen. Der Abend ist live und gleichzeitig als Livestream im Internet zu sehen (TD Berlin: „Blackout“, 3. & 4.12, jeweils 20 Uhr, alle Infos & Termine: td.berlin).
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