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■ beiseiteTheater

„Shit happens“ ist eine Beruhigungsformel, die so tut, als sei sie von zenbuddhistischer Weisheit. Sie fordert dazu auf, die Unglücksfälle nicht so tragisch zu nehmen. Kopf hoch, das Leben geht weiter, alles nicht so schlimm. Doch „Shit happens“ meint auch: „Nichts passiert mehr“. Keine Tragödie, keine Erkenntnis. Die Kerkhof Produktion beschäftigt sich in vielen ihrer Stücke mit dem stagnierenden Dasein einer Irgendwie-Mittdreißiger-Gesellschaft. Dabei spitzt sich das Dilemma von Stück zu Stück zu. Zuerst haben die Figuren sich noch ihre Biografien erzählt, dann immerhin noch versucht, sexuellen Kontakt miteinander aufzunehmen. In „Shit happens“ geht es darum, überhaupt noch etwas zu spüren.

Aber die zwei Männer und drei Frauen stecken in ihrer schicken Abendgarderobe wie in einer hautgewordenen Uniform. Sie stellen im leeren Bühnenraum allerhand an, um ins Schwitzen, Lachen, Fühlen zu geraten. Sie kitzeln und ohrfeigen sich und machen mantrische Gymnastikübungen. Aber diesen Menschen ist ihre Verzweiflung zur Routine geworden. Selbst die oft surreal-poetischen Textfragmente von Gerardjan Rijnders entlocken den Figuren keine Gefühle. Das höchste Maß an Erregung gipfelt in der Erkenntnis: „Manchmal denke ich, ich bin wütend, aber dann merke ich, ich wäre es nur gerne.“ Und weiter geht's.

Indem die Schauspieler diese emotionslose Ödnis realistisch nachstellen, werden sie selbst Teil dieser Welt. Darin liegt auch der Reiz dieser Art Nicht-Theater. Man nähert sich der Wirklichkeit mit ihren eigenen Mitteln an und erzeugt dadurch eine Art Hyperrealität. Die Unterscheidung in Schauspieler und Figur fällt zunehmend schwerer. Ein Aha-Gefühl stellt sich ein: Wieso macht sie, die Schauspielerin, denn jetzt nicht mal wirklich was? Ach ja, stimmt, sie kann ja nicht, sie soll ja nicht. Sie ist ja zur Kommunikation, zur Entwicklung eines tragenden Gedankens nicht in der Lage. So gesehen macht die Schauspielerin ihre Sache also sehr gut. Dieses Aha-Gefühl nutzt sich allerdings bald ab. Das Schauspiel zirkuliert um das Vakuum seiner Figuren. Es sackt in sich zusammen. Am Ende des Stückes stürzt dann ein Kartenhaus ein. Ein guter Schluss. Stefan Strehler

„Shit happens“, bis 12. 12. und 14. bis 19.12, jeweils 21 Uhr, Theater am Halleschen Ufer

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