Theater mit Wind: „Da kennen wir nix“
Wer bei jedem Wetter draußen spielen will muss den Wind als Partner oder Gegenspieler akzeptieren, erklärt Verena Reisemann.
taz: Frau Reisemann, mehr Wetterglück als Sie kann man kaum haben…
Verena Reisemann: Da ist was dran. Unser Außen-Theater wildwechsel gibt es jetzt sechs Jahre, wir machen jedes Jahr neun Vorstellungen – und verregnet war bisher eine einzige.
Nur zwei Tage früher Premiere und Sie wären mitten in den Sturm geraten!
Stimmt. Stattdessen haben wir da geprobt. Wir spielen bei jeder Witterung – da kennen wir nix.
Eine in Bremen radikale Ansage. Wie kam es zur wildwechsel-Gründung?
Ich wollte nach der Babypause wieder zurück in meinen Beruf – hatte aber zwei Dinge satt: Erstens bin ich ein absoluter Draußen-Typ. Und wer im Theater arbeitet, probt meistens drinnen. Da kriegt man oft vom herrlichsten Sonnenschein nichts mit.
Und zweitens…?
…mochte ich nicht wieder in diesen Betrieb mit seinen Intrigen und Eitelkeiten zurück. Das ist ja an Theatern oft sehr ausgeprägt, bei SchauspielerInnen ebenso wie bei RegisseurInnen. Da hatte ich keine Lust mehr drauf.
Aber Sie spielen nicht immer solo?
Nein, das ist die große Ausnahme. Die hat sich aus Stückidee ergeben. „Hier! Jetzt! Mit Haut und Haaren!“ ist das erste Ein-Personen-Stück, das wir machen: Im vergangenen Jahr waren es zum Beispiel fünf Spielerinnen gewesen. Bisher hatte immer ich Regie geführt, diesmal macht das Jens Weisser…
…der Schauspieler?
Ja, ich hatte das Glück ihn als Regisseur kennen zu lernen, in Hamburg, schätze ihn sehr – und habe mich einfach getraut, ihn zu fragen.
44, hat an der Essener Folkwang Universität der Künste Tanz, Gesang und Schauspiel studiert.
Vor sechs Jahren gründete sie das wildwechsel AUSSEN THEATER, das an der Timmersloher Landstr. 22.in Bremen Borgfeld residiert.
Die aktuelle Produktion heißt "Hier! Jetzt! Mit Haut und Haaren!". Das Libretto stammt von Inga Alima, Regie führt Jens Weisser.
Premiere ist am Freitag, 11. Juli 2014, 19.30 Uhr. Die weiteren Aufführungen: 12., 18., 19., 25 & 26.7. jeweils 19.30 Uhr, sowie an den Sonntagen 13., 20. & 27. 7., 11 Uhr.
Die Aufführungen sind mittags und abends. Wie passt das vom Licht?
Das ist nicht ganz ohne, denn natürlich ist das Licht mittags viel flacher, härter – und am Abend gibt es diese Tiefe. Das ist eine Herausforderung – zumal wir ohne Beleuchtung spielen. Die Idee ist aber, sich darauf einzulassen, auch auf den Wind…
Sie spielen ohne Windschutz?
Ja, absolut: Wir spielen auf einer kleinen Stichstraße vor freiem Feld. Und wenn da Wind ist, dann gehen die ganzen kleinen, realistischen Nuancen in der Sprache nicht, da muss ich mehr Form geben. Wenn man draußen spielt, muss man mit dem Wind spielen lernen, ihn als Partner oder Gegner akzeptieren.
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