Thailands Ministerpräsident suspendiert: Länger im Amt als erlaubt
Das Verfassungsgericht in Thailand hat Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha vorerst suspendiert. Die Begründung: Er habe seine Amtszeit überschritten.

Das Gericht beschloss einstimmig, es gebe ausreichend Anlass, eine Petition zu prüfen, in der es hieß, der Ministerpräsident habe seine Amtszeit überschritten. Mit 5 zu 4 Stimmen einigten sich die Richter darauf, Prayut ab dem heutigen Mittwoch bis zu einer Entscheidung zu suspendieren. Das Gericht äußerte sich nicht dazu, wann eine Entscheidung darüber getroffen wird, ob der Ministerpräsident bereits länger als die gesetzlich erlaubten acht Jahre im Amt war. Sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass dies der Fall war, würde er sein Amt umgehend verlieren.
Die Anhänger des 68-jährigen Staatschefs argumentieren, dass Thailands neue Verfassung erst seit 2017 in Kraft ist. Prayuts Mandat zähle somit erst seit 2017 oder sogar erst seit der Parlamentswahl im Jahr 2019. Der ehemalige Armeechef Prayut kam 2014 durch einen Militärputsch gegen die demokratisch gewählte Regierung von Yingluck Shinawatra an die Macht. Er stand fünf Jahre lang an der Spitze der Militärregierung, bis er bei der Wahl 2019 als Ministerpräsident bestätigt wurde.
Gegen die militärnahe Regierung und ihre Verbindung zum Thailändischen Königshaus gab es 2020 und 2021 Proteste, die aber zu keinen Änderungen führten. Die führenden Figuren der Bewegung wurden zu großen Teilen inhaftiert, unter anderem wegen Mayestätsbeleidigung.
Dem Gesetz zufolge müsste der stellvertretende Ministerpräsident Prawit Wongsuwan das Amt des Regierungschefs kommissarisch übernehmen, da er unter mehreren Stellvertretern an erster Stelle steht. Er ist ein enger politischer Verbündeter von Prayut und gehört derselben Gruppe innerhalb des Militärs an, die 2014 den Putsch anstieß, der Prayut an die Macht brachte.
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