Thai-Bauern lassen Traktor stehen: Das Comeback der Wasserbüffel
taz-Serie zu steigenden Energie- und Rohstoffpreisen: In Thailand lassen Landwirte ihre Traktoren stehen und spannen wieder ihre Vierbeiner vor den Pflug.
BANGKOK taz In Hinkone, einem Dorf knapp fünfhundert Kilometer nordöstlich von Bangkok, besinnt man sich derzeit auf eine bewährte Tradition. Das Motto heißt: Zurück zu den guten alten Vierbeinern. Viele Bauern lassen ihre Traktoren stehen und ziehen stattdessen mit Wasserbüffeln auf ihre Felder. Der Grund: Wegen der rasant steigenden Preise für Rohstoffe können viele Reisbauern die Kosten für Benzin oder Diesel und damit auch den Transport von Düngemitteln kaum mehr bezahlen.
Die Energiepreise steigen stetig, Rohstoffe sind teuer wie noch nie. Was Appelle von Umweltschützern jahrzehntelang nicht vermochten, schafft nun der Preisdruck: Ein sparsamer Umgang mit Ressourcen wird zur Pflicht. Und damit rücken wieder Technologien in den Mittelpunkt, die lange Zeit als unmodern oder wenig praktikabel galten.
Die taz hat daher ihre Auslandskorrespondenten gebeten, aufzuschreiben, wie die hohen Preise den Alltag der Menschen rund um den Globus verändern. Im nächsten Teil der Serie berichten wir über Kuriosiäten, zu denen die hohen Spritpreise in den USA führen. taz
Zwar gilt Thailand als der weltweit größte Reisexporteur und profitierte entsprechend von den hohen Reispreisen in der ersten Jahreshälfte. Die Kosten für die Bewirtschaftung der Felder würden die Gewinne jedoch schnell auffressen, erklärten vor allem die Kleinbauern.
Die Wasserbüffel sollen es jetzt richten. Traditionell gehörten sie zum Bild des ländlichen Thailand. Aber mit der zunehmenden Technisierung der Landwirtschaft verringerte sich deren Zahl in den vergangenen dreißig Jahren drastisch: Von insgesamt sieben Millionen auf etwa 150.000 Büffel. Weil die Aufzucht als zu langwierig und teuer galt, hätten es sich etliche Bauern zur Gewohnheit gemacht, die Bullen zu kastrieren oder die Tiere zu verkaufen, sagten Experten.
Durch ein Projekt des in Bangkok ansässigen "Department of Livestock Development" ist das jetzt anders geworden - zumindest in Hinkone. Ein von den Bangkokern unterstütztes Projekt ließ die Zahl der Wasserbüffel in dem Dorf wieder in die Höhe schnellen - von 50 auf etwa 250 in den vergangenen fünf Jahren. Büffel seien viel effektiver als Traktoren. Das geben die Farmer mittlerweile gern zu: "Vorher haben die Leute nur mitbekommen, dass man mit Maschinen den ganzen Tag arbeiten konnte, während man mit Büffeln bei zu starker Hitze Pause machen musste", wird einer der Bauern zitiert, der vor kurzem von der Maschine auf den Vierbeiner umgestiegen ist. "Aber Büffel sparen Geld, weil sie auch noch Dünger abwerfen." Selbst wohlhabende Landwirte bevorzugen nun den guten alten Wasserbüffel. Ein Farmer erklärte, er habe vorher gar andere Bauern aus der Gegend mit ihren Traktoren anheuern können, damit sie seine Felder pflügen. Angesichts der explodierenden Preise "sattelte" er jetzt lieber wieder auf seine vier Wasserbüffel um.
Doch die Naturidylle hat auch ihre Tücken. Denn ein Büffel - geduldig, ausdauernd und zuweilen auch stur - ist nun einmal keine Maschine und entsprechend schwieriger zu handhaben. Das stellen vor allem junge Bauern fest, die zuvor kaum oder gar nicht mit Tieren gearbeitet haben. So müssen die Alten ran: Die bringen dem Nachwuchs nicht nur den richtigen Umgang mit den Büffeln auf den schlammigen Feldern bei, sondern auch mit dem Pflug an sich. Ob die thailändischen Bauern die bewährte "Wasserbüffel-Methode" allerdings auch beibehalten werden, wenn die Treibstoffkosten wieder fallen sollten, bleibt abzuwarten. Kürzlich machten zudem Gerüchte die Runde, dass die Preise für ausgebildete Wasserbüffel bald rasant steigen und Geschäftsleute das große Geld wittern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern