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Textilindustrie in BangladeschTausende Näherinnen ohne Arbeit

Nach dem Fabrikeinsturz in Bangladesch sind mehr als 200 Textilfabriken geschlossen worden. Gründe sind Verstöße gegen Vorschriften, aber auch weniger Aufträge.

Hier wird weitergearbeitet: Textilfabrik in Dhaka. Bild: dpa

DHAKA dpa | Seit dem verheerenden Fabrikeinsturz in Bangladesch sind nach Branchenangaben 218 Textilfabriken in dem Entwicklungsland geschlossen worden. Zu den Ursachen gehörten Verstöße gegen Vorschriften, Proteste der Arbeiter und zu wenig Aufträge, erklärte der Verband der Textilfabrikanten und -exporteure am Freitag in Dhaka. Nach der Rana-Plaza-Katastrophe vor anderthalb Jahren, bei der mehr als 1100 Menschen ums Leben kamen, üben internationale Auftraggeber mehr Druck auf die Hersteller in Bangladesch aus.

Die Textilindustrie in dem Land befinde sich im Wandel, sagte Verbandspräsident Atiqul Islam. Sowohl die Regierung in Dhaka als auch internationale Konzerne und die örtlichen Betreiber führten nun häufiger Betriebskontrollen durch. Die neue Vorsicht schlägt sich im Auftragsrückgang nieder: Nach Jahren starken Wachstums verringerte sich der Export von Webwaren zuletzt leicht, während die Ausfuhren von Strickwaren nur noch leicht stiegen.

Die Schließungen hätten vor allem kleinere Betriebe mit wenigen Hundert Arbeitern betroffen, berichtete Islam. Mehr als 100.000 Menschen seien entlassen worden. Nach Schätzungen des Bundes der Textilarbeiter, der für die Rechte der Arbeitnehmer kämpft, sind etwa 20 Prozent davon nun arbeitslos. 40 Prozent hätten im Textilgewerbe erneut einen dauerhaften Job gefunden, 25 Prozent seien befristet angestellt, 10 Prozent in ihre Dörfer zurückgekehrt, 5 Prozent hätten die Branche gewechselt.

Nach der Katastrophe fanden sich Auftraggeber in zwei großen Bündnissen zusammen, die die Einhaltung von Standards in den Fabriken Bangladeschs sicherstellen sollen. Mehr als 150 vor allem europäische Handelskonzerne unterzeichneten das Abkommen für Feuer- und Gebäudesicherheit, während vor allem US-Unternehmen die Allianz für Arbeitersicherheit schlossen. Beide kontrollierten in den vergangenen Monaten jeweils Hunderte Fabriken. Sie schlossen 10 beziehungsweise 14 davon und empfahlen den meisten anderen Verbesserungen.

In Bangladesch sind insgesamt etwa 4000 Textilfabriken registriert. Das südasiatische Land ist nach China der wichtigste Produzent von Kleidung, jedes Jahr werden Waren im Wert von etwa 19 Milliarden Euro ausgeführt. Die meisten T-Shirts und Hosen werden nach Europa und in die USA gebracht.

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1 Kommentar

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  • Outsourcing , Ausweichen auf Billigarbeitskraftmärkte , soll den "absoluten Mehrwert" (Marx), vulgo Profit, für unsere Textilkonzerne, ihre AnteileignerInnen schaffen, weil die Heckung "intensiven Mehrwerts" hierzulande weitgehend stagniert, sogar regrediert, wie Marx-Transformierer Robert Kurz z.B. in "Geld ohne Wert" gezeigt hat. Das generiert Menschenrechtsverbrechen via Hungerlöhnen und mörderischen Arbeitsbedingungen wie die in Bangladesh.

    Der Zwang zum Ausweichen auf profit-günstige Billig-Arbeits-Märkte entbindet m.E. unsere Konzerne, aber auch uns selbst nicht der klar erkennbaren Verantwortung für die klar erkennbaren, teils sogar in Massentod ausartenden Verbrechen an der Billigarbeiterschaft nicht nur in Bangladesh, wie es Robert Kurz mit seiner Überstrapazierung der entschuldigenden Wirkung ökonomischer Fetische usw. nahelegt. Gerade weil der Kaputtalismus in seiner gewaltigen Produktivitätssteigerung des konstanten Kapitals(Maschinerie) ans Ende seiner

    "Naturgeschichte" gelangt ist, wo die wirkliche, id est aus F r e i h e i t kreiierte ,Geschichte beginnt, und weil, wie Kurz am Ende von "Geld ohne Wert" prognostiziert , eine grauenhaft zerstörerisches Finale der selbstzerstörerischen "automatischen Subjekts" auf dem Weg ist, muß diese heute mögliche Freiheit dazu benutzt werden , die Katastrophe abzuwenden. Die Entsetzlichkeiten , denen die BilligarbeiterInnen im heutigen Trikont, besonders in Bangladesh , vom Kapital ausgesetzt werden, müssen in globalem Widerstand gegen ihre erkennbaren Urheber notfalls mit gebotenen militanten , juristischen,,polizeilichen Mitteln u.ä.

    gestoppt werden.Die Einrichtung eines Weltsozialfonds zugunsten der arbeitslosen Näherinnen in B. zu Lasten der ausbeut. Konzerne wäre empfehlenswert.