Teurer Spaß Monarchen-Hochzeit: "Privatisiert das Königshaus"

10 Millionen Euro kostet die Märchenhochzeit der schwedischen Kronprinzessin Victoria - doch das Interesse der Schweden und Touristen ist eher verhalten.

Eine "Jahrhunderthochzeit" steht ins Königshaus: Am kommenden Samstag heiratet die schwedische Kronprinzessin Victoria ihren ehemaligen Fitnesstrainer Daniel Westling. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Das ZDF überträgt viereinhalb Stunden lang die "Krönung einer Liebe". Die ARD ist da mit einer Dreiviertelstunde "Märchenhochzeit" vergleichsweise schon beinahe bescheiden. Während Schwedens öffentlich-rechtliches Fernsehen SVT zur "längsten Direktübertragung aller Zeiten" einlädt: 14 Stunden. Die Boulevardzeitungen fahren seit Wochen eine Spezialbeilage nach der anderen. Gut ein Dutzend Zeitschriften haben seit Monaten nur noch den "Bröllop", die Hochzeit zum Thema.

Schließlich steht eine "Jahrhunderthochzeit" (Bild) in Stockholm am kommenden Samstag an. Kronprinzessin Victoria heiratet ihren ehemaligen Fitnesstrainer Daniel Westling. Die PR-Maschinerie des Hofs arbeitet seit einem Jahr auf vollen Touren. Die Medien haben auch brav angebissen. 277 oder fast die Hälfte aller akkreditierten ausländischen Journalisten, Fotografen und Techniker kommen aus Deutschland. Und die Schweden? Scheint das alles herzlich wenig zu interessieren.

Sonderzüge, die die Bahn in Erwartung einer Reisewelle eingeplant hat, sind nur mäßig gefragt. Und viele Busunternehmen haben ihre ursprünglich vorgesehenen Sonderfahrten in die schwedische Hauptstadt mangels Interesse gleich ganz abgesagt. Das Geschäft sei "tot wie ein Stein", sagt eine Branchensprecherin. Nicht sonderlich mehr Buchungen als für ein normales Sommerwochenende melden viele Hotels. Eigenheimbesitzer, die glaubten, sie könnten sich einen Sommerurlaub finanzieren, wenn sie ihre eigenen vier Wände für drei Tage an Auslandsjournalisten und Fernsehteams vermieten, gucken in die Röhre. Und ob wirklich 200.000 Besucher nach Stockholm gelockt werden und dort die vom Handel schon fest eingeplanten 250 Millionen Euro allein für königliche Souvenirs – von Tassen und Schlüsselringen bis zu Spüllappen und Toilettenbürsten - ausgeben, erscheint recht fraglich.

Sind die Untertanen müde, schon bevor der Spektakel begonnen hat? PR-Experten wundert das nicht. Je intensiver ein eigentliches Nicht-Ereignis und eher mäßig interessante Personen unter die Lupe genommen würden, desto langweiliger werde die ganze Story. Mit einem Übermaß an Banalitäten vollgestopft zu werden, führe eben nur noch zu Blähungen. Der Königspalast als "Big Brother"-Container – und der Glanz, der die schwedische Monarchie bislang umwehte, verbleicht ganz schnell. Die Republikaner wittern bereits Morgenluft. Sie verweisen auf Umfragen, wonach die Unterstützung für das Königshaus stetig sinkt. Zwar will immer noch eine Mehrheit von 56 Prozent die Monarchie behalten, aber vor sieben Jahren waren es noch 68 Prozent. Doch sie abzuschaffen und den Schritt zu einer Republik wollen auch nur 22 Prozent tun.

Irgendein Staatsoberhaupt braucht man ja. Das Königshaus lässt sich jede Schwedin und jeder Schwede laut einer gesamteuropäischen royalen Übersicht jährlich rund 1,30 Euro kosten. Das ist nicht viel im Vergleich zu den norwegischen und dänischen Nachbarn, die dafür sogar rund 6 bzw. 3 Euro löhnen. Aber doch wesentlich mehr als die 37 Cent, die den Deutschen ihr Bundespräsident wert ist. Mit dem Vorteil, dass so ein König normalerweise nicht einfach hinschmeisst, wenn er kritisiert wird. Und dem Nachteil, dass der Staatschef immer der erstgeborene Abkömmling des Hauses Bernadotte ist.

Man muss also nehmen, was kommt. Auch wenn die betreffende Person keinen intellektuellen Mehrwert mitbringt, wie ein kürzlich erschienenes Buch den schwedischen König Carl XVI. Gustaf kritisiert. Der wie ein Goldfisch in seinem Aquarium herumschwimme: "Immer rundherum, rundherum und rundherum. Farbenfroh, gemütlich, aber völlig nutzlos." Es gibt andere Bilder: Die vom "teuersten Sozialhilfeempfänger Schwedens" beispielsweise oder es werden die königlichen Aufgaben mit denen eines Löwen in der Savanne verglichen: "Jagen, sich fortpflanzen und sich anstarren lassen."

Jagen ist nicht so das Ding von Thronfolgerin Victoria, aber den Rest erwarten sich die Schweden für ihre Steuergelder schon von ihr und dem gar nicht blaublütigen Jungen aus dem Volk. "Daniel aus Ockelbo" - klingt das nicht ein wenig wie "Diana aus Sandringham"? Und tatsächlich versuchen einige Kommentare Daniel Westling schon in die Rolle einer männlichen Diana Spencer hineinzuschreiben: Zusammen mit seiner nett anzuschauenden und durchweg beliebten Königin könne er dem müde gewordenen Königshaus vielleicht zu neuem Schwung verhelfen. Während andere den 19. Juni mit dem Triumphzug der Frischvermählten per Kutsche und goldverziertem Boot vorbei an den fähnchenschwingenden Massen sicher gerne als das Datum des allerletzten Aufbäumens der unzeitgemäß gewordenen schwedischen Monarchie vermelden möchten.

10 Millionen Euro kostet dieser Spaß die schwedischen Steuerzahler, hat Svenska Dagbladet am Samstag vorgerechnet. Nicht zuletzt deshalb fordert der Kulturjournalist Per Svensson eine längst überfällige Reform: "Eine vollständige Privatisierung". Das Königshaus könne doch auch formal das werden, was es jetzt schon sei: Ein Familienunternehmen in der Unterhaltungsbranche. "Denn der Staat soll weder Autoproduktion, noch Königshäuser betreiben."

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