: Teure Netze, verzögerte Speicher
Milliarden für Netze und Speicher nötig – doch Kosten und geringe Fortschritte bremsen die Energiewende
Von Bernward Janzing
In den Stromnetzen herrscht im Zuge der Energiewende ein erheblicher Investitionsbedarf. Auch das ist ein Fazit des Monitoringberichts zur Energiewende. Betroffen sind nicht nur die vieldiskutierten Übertragungsleitungen von Nord nach Süd, sondern auch die Verteilnetze in der Fläche.
Aus den bisher veröffentlichten Netzausbauplänen geht hervor, dass allein im Verteilnetz ein Investitionsbedarf in Höhe von mehr als 235 Milliarden Euro bis 2045 besteht. Damit liegt der jährliche Kapitalbedarf bundesweit künftig doppelt so hoch wie bisher. Weitere Erhöhungen seien zudem wahrscheinlich, heißt es nun im Monitoringbericht, da zum einen rund 20 bis 25 Prozent der Netze vom bisher ausgewiesenen Netzausbauplan nicht umfasst seien. Zudem seien „die im Markt beobachteten Preissteigerungen noch nicht ausgewiesen“.
Mit erheblichen Preisanstiegen haben auch die Übertragungsnetzbetreiber zu kämpfen. Ein Grund seien „angespannte Lieferketten“. Hinzu komme der allgemeine Preisanstieg im Bausektor. Die im Jahr 2023 noch angesetzten 320 Milliarden Euro für den Zeitraum bis 2045 haben sich inzwischen auf 440 Milliarden erhöht.
Allerdings könnten sich Kosteneinsparungen im Übertragungsnetz dadurch ergeben, dass der Stromverbrauch in Deutschland in den kommenden Jahren nach aktualisierten Prognosen weniger stark ansteigen wird als einst angenommen.
Einsparmöglichkeiten sieht Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche auch durch eine sogenannte Überbauung an den Netzverknüpfungspunkten, an denen die erneuerbaren Energien einspeisen. Das bedeutet: Das Netz wird nicht mehr auf die maximal mögliche Einspeisung ausgelegt, die ohnehin nur selten erreicht wird. Auch durch eine stärkere Kostenbeteiligung der Einspeiser am Netzausbau in jenen Regionen, in denen ohnehin oft mehr Strom als nötig vorhanden ist, könne eine steuernde Wirkung haben. Ziel müsse es sein, einer Entwicklung entgegenzutreten, die immer mehr Haushaltsmittel benötigt, sagte Reiche.
Neben dem Ausbau der Netze ist auch der Ausbau von Speichern ganz entscheidend für die künftige Netzstabilität. Allerdings sei der genaue Einfluss von Großbatterien auf die Versorgungssicherheit „mangels veröffentlichter Daten nicht quantifizierbar“, heißt es im Bericht. Das Problem: Speicher werden heute zumeist marktgetrieben bewirtschaftet, richten sich also nach Börsenpreisen oder optimieren den Eigenverbrauch – was mit den Belangen des Netzbetriebs oft nicht im Einklang steht. Eine Möglichkeit, den Konflikt zu entschärfen, bestünde darin, Erzeugung, Speicherung und Verbrauch durch regionale Strompreiszonen marktwirtschaftlich zu steuern. Doch da traut sich auch diese Bundesregierung nicht heran, wie bei der Vorstellung des Berichts abermals deutlich wurde.
Die Bundesregierung setzt neben Batteriespeichern auch auf Großspeicher in Form von Wasserstoff: Der Speicherbedarf werde im Jahr 2025 zwischen 30 und 130 Milliarden Kilowattstunden liegen, so die Prognosen. Zum Vergleich: Der Bruttostromverbrauch betrug im vergangen Jahr rund 520 Milliarden Kilowattstunden. Die bisherigen Speicher sind in Relation dazu sehr überschaubar: Die Pumpspeicher in Deutschland kommen auf eine Kapazität etwa 40 Millionen Kilowattstunden, die Batteriespeicher zusammen auf 22 Millionen.
Trotz der ständigen Betonung der wichtigen Rolle des Wasserstoff geht es hier ausweislich des Monitoringberichts nur schleppend voran: Das Ziel, bis 2030 Elektrolyseure zur Erzeugung von Wasserstoff mit einer Leistung von insgesamt zehn Gigawatt aufzubauen, sei „angesichts der aktuellen Projektpipeline kaum erreichbar“.
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