Tesla-Fabrik in Brandenburg: Pfahlbauten in Grünheide
Tesla darf in Grünheide mit Rodungs- und Fundamentarbeiten beginnen. Bürgerinitiative fürchtet um Trinkwasserversorgung, Ministerium prüft.
Eine Baugenehmigung hat Tesla bislang nicht, weil die Bürgerbeteiligung noch nicht abgeschlossen ist – Rodungs- und Fundamentarbeiten durften allerdings unter Vorbehalt starten. Am Dienstag erlaubte das zuständige Landesamt für Umwelt (LfU) weitere Rohbaumaßnahmen und die Errichtung von Verkehrswegen auf dem Areal.
Im Mai waren auf den Videos allerdings Arbeiten zu sehen, für die der E-Auto-Hersteller keine Erlaubnis hatte: Betonpfähle wurden zu Testzwecken in den Untergrund gerammt. Die untere Wasserbehörde stoppte das, verhängte ein Ordnungsgeld und pochte auf einen entsprechenden Antrag, den die Musk-Leute offenbar nachreichten. Dabei wurde klar: Tesla plante, die gesamte Fabrik auf bis zu 15.000 solcher Betonpfähle zu setzen, um ihr auf dem weichen märkischen Sand Halt zu geben.
In den Unterlagen, die Anfang des Jahres im Rahmen des Zulassungsverfahrens öffentlich ausgelegt worden waren, war keine Rede von diesen Pfählen gewesen, die im Grundriss 40 mal 40 Zentimeter messen und mindestens 16 Meter tief im Boden verschwinden. Dass sie bei einem gewaltigen Projekt wie der Tesla-Fabrik notwendig sein würden, hätte eigentlich klar sein müssen, meint die Bürgerinitiative Grünheide Gegen Gigafactory (BI GGG), die die Ansiedlung verhindern will.
Pfähle sind das Problem
„Bei so großen Gebäuden geht das in dieser Region gar nicht anders“, sagt Sprecher Steffen Schorcht Tatsächlich habe das US-Unternehmen gleich zu Beginn des Projekts ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben. „Es liegt nahe, dass Tesla nicht alle bekannten Unterlagen eingereicht hat, sondern nur so viel wie unbedingt nötig für den vorzeitigen Baubeginn“, so Schorcht. Er ist sicher: Bei Bekanntwerden der geplanten Pfahlgründung wäre die Rodung nicht zugelassen worden.
Mittlerweile hat Tesla die Unterlagen in Teilen korrigiert und am 2. Juli neu ausgelegt. Die Pfähle tauchen jetzt in den Akten auf, es sollen allerdings deutlich weniger werden als ursprünglich vorgesehen. Derweil bekam Brandenburgs grüner Umweltminister Axel Vogel Besuch: Ende Juni empfing er Schorcht und weitere Mitglieder der BI GGG, darunter einen Geologen, in seinem Büro, sowie auch VertreterInnen der Grünen Liga und des Brandenburger Nabu. Bei dem zweistündigen Austausch – „aus unserer Sicht sehr sachlich und konstruktiv“, so Schorcht – erklärte man dem Minister, welche Probleme man mit den Pfählen hat.
Das Tesla-Werk liegt zu großen Teilen in einem Trinkwasserschutzgebiet des Wasserwerks Erkner. Die Pfähle werden in die oberste Grundwasserschicht eindringen. Das Trinkwasser wird zwar aus einer tieferen Schicht gewonnen, allerdings sieht die Initiative eine Gefahr, die das von Tesla in Auftrag gegebene hydrogeologische Gutachten nicht thematisiert: Noch weiter unten liegen Salzwasserschichten, die ins Trinkwasser aufsteigen und dieses kontaminieren könnten.
Durch die großflächige Bodenversiegelung, möglicherweise aber auch dadurch, dass die Pfähle wie eine Spundwand wirken, könne der obere Boden trockenfallen, argumentiert die Bürgerinitiative – dann würde tieferes Wasser quasi angesaugt. „Die Tonschicht, die das Salzwasser abschirmt, ist an manchen Stellen durchbrochen“, sagt Schorcht, „es gibt lokale Hotspots, wo es ohnehin nach oben dringt“. Ausgerechnet in Freienbrink in direkter Umgebung des Tesla-Geländes sei das der Fall. Welche Auswirkungen die Pfahlarbeiten auf den Untergrund hätten, sei darüber hinaus völlig offen, dazu gebe es kein Gutachten.
Umstrittene Grundwasserqualität
Die Bürgerinitiative sagt: Dem Umweltminister und seinen Beamten sei diese Problematik nicht bekannt gewesen. Vogel habe nun zugesichert, sie umfassend zu prüfen. Auf taz-Anfrage bestätigt das Ministerium, dass man mit der unteren Wasserbehörde im Gespräch sei. Auch wolle Vogel die Initiative noch einmal vor Ort treffen. Im Übrigen nehme das Genehmigungsverfahren seinen Lauf: Bis 3. August können die Unterlagen eingesehen, bis zum 3. September Einwendungen an das Landesamt für Umwelt gerichtet werden. Davon könne auch die Bürgerinitiative Gebrauch machen.
Am 23. September findet der öffentliche Erörterungstermin in Erkner statt, der im März coronabedingt ausfallen musste. Ob die von Tesla präsentierte Gutachter-Aussage, es könne „kein nennenswerter Einfluss der Pfähle […] auf den Grundwasserleiter erkannt werden“, ausreicht, wird sich zeigen müssen.
Beim Bund für Umwelt und Naturschutz, der den Vorgang ebenfalls begleitet, ist man nicht so skeptisch wie bei der Bürgerinitiative: „Für mich hat Tesla bisher überzeugend dargelegt, dass der Grundwasserfluss nicht beeinträchtigt wird“, sagt Naturschutzreferent Axel Heinzel-Berndt.
Eine andere Frage sei die nach der Grundwasserqualität. Der Beton der Pfähle könne chemisch reagieren, unerwünschte Stoffe könnten ausgewaschen werden: „Wir werden darauf achten, dass dann eine Oberflächenbehandlung erfolgen muss.“
Dass grundsätzlich das Risiko eines Aufstiegs von Salzwasser besteht, sieht Heinzel-Berndt aber auch – wenn im Wasserschutzgebiet zu große Mengen Trinkwasser gefördert werden. Was schon in naher Zukunft passieren könnte: „Die Versorgung in Grünheide war schon immer angespannt. Und Tesla will dort potenziell 2 Millionen Autos im Jahr produzieren“, sagt Heinzel-Berndt, „das ist ja jetzt nur der erste Bauabschnitt.“ Der Wasserverband Strausberg-Erkner beteuere zwar, er könne den mittlerweile von 372 auf 238 Kubikmeter pro Stunde herunterkorrigierten Bedarf absichern, aber der gelte eben nur für den Auftakt von 500.000 Autos im Jahr.
Wenn es so käme, halte der BUND die Trinkwasserversorgung rund um Grünheide für nicht mehr gegeben, erklärt der Referent. Auch die Spree, die südlich vorbeifließt, führe mittlerweile zu wenig Wasser, weil vieles in die ehemaligen Tagebaue der Lausitz abfließe – der Rest sei, ebenfalls durch den Bergbau, mit Sulfaten und anderen Stoffen belastet. „Wir sagen: Für weitere Bauabschnitte wird man eine Überleitung aus der Oder ins Einzugsgebiet der Spree erwägen müssen“, so Heinzel-Berndt.
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