Terrorgefahr in Sotschi: Angst um die Athleten
Die Olympiateams vertrauen ihren Gastgebern nicht. Mit Bekleidungsvorschriften und einem Hausarrest für die Sportler sichern sie sich lieber selbst ab.
BERLIN taz | Ein anonymer Drohbrief hat das österreichische Olympiateam in Aufruhr versetzt. Die Absender drohen darin, die alpine Ski-Rennläuferin Bernadette Schild sowie die Skeleton-Europameisterin Janine Flock zu entführen. Das Österreichische Olympische Komitee hat den Fall noch vor dem Abflug des größten Teil des Teams ins russische Sotschi am Montag angezeigt.
Schon zuvor hatte eine Drohmail an etliche Olympiateams für Aufregung gesorgt. Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat die Mail erhalten, in der mit Anschlägen in Sotschi gedroht wird. Auch wenn die Drohung längst als nicht ernst zu nehmen eingestuft worden ist, machen sich die Teams Gedanken über ihre Sicherheit.
Die Österreicher werden von Beamten des Einsatzkommandos Cobra begleitet. Kontaktbeamte des Bundeskriminalamts sind beim deutschen Team dabei. Genauere Angaben dazu möchte der DOSB nicht machen. „Wir gehen das Thema sehr sensibel und konzentriert an“, heißt es auf eine Anfrage der taz.
Wie bei den Spielen in London 2012 werden darüber hinaus Beamte der Bundespolizei die Sicherheitskontrollen am Einlass zum sogenannten Deutschen Haus durchführen, der Zentrale des Teams, das im Restaurant Poljanka im Ski-Ort Krasnaja Poljana eingerichtet worden ist.
Keine Stadtausflüge
Echte Angst um ihre Athleten scheinen die Funktionäre des australischen Olympiakomitees zu haben. Sie haben ihre Sportler mit einem regelrechten Hausarrest belegt. Die australischen Sportler sollen die olympischen Anlagen tunlichst nicht verlassen. Ausflüge in die Stadt Sotschi, die 30 Kilometer vom Olympiadorf entfernt ist, sind verboten. Mark Adams, Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees, beeilte sich festzustellen, dass das IOC keine Empfehlungen in diese Richtung abgegeben hat. IOC-Präsident Thomas Bach und die Seinen vertrauen den Sicherheitsversprechen der russischen Gastgeber.
Das tun die Teams aus den USA und Großbritannien nicht. Die Amerikaner haben ihre Athleten angewiesen, keine Team-Kleidung zu tragen, wenn sie das Olympiagelände verlassen. Den britischen Sportlern wurde geraten, aus den über 100 Teilen der offiziellen Olympiabekleidung solche auszuwählen, auf denen nur ein dezenter Hinweis auf das Team angebracht ist. Beide Teams werden – ähnlich wie es etwa die Franzosen praktizieren – von Sicherheitsbeamten begleitet.
Das Ski- und Snowboard-Team der USA, das in den Bergen über Sotschi untergebracht ist, lässt sich zudem von Sicherheitsexperten der privaten Sicherheitsfirma Global Rescue schützen. Die ist vom US-Team auch beauftragt worden, einen Evakuierungsplan für die Mannschaft auszuarbeiten. Fünf Flugzeuge stehen bereit, um die US-Sportler im Notfall ausfliegen zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer