Trendsport in Sotschi: Saltos bis der Arzt kommt

Die Leistungsentwicklung im Ski-Freestyle und Snowboard ist enorm. Die Folge sind spektakuläre Sprünge – aber auch schwere Stürze.

Hals und Beinbruch: Snowboarder Jan Scherer (Schweiz) bei der Slopestyle-Qualifikation in Sotschi. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Name ist Programm. Im „Rosa Chutor Extrem Park“, der sich im olympischen Skigebiet rund 70 Kilometer östlich von Sotschi befindet, geht es ab Donnerstag für die weltbesten AthletInnen im Ski-Freestyle und Snowboarden um insgesamt 60 Medaillen in zehn Disziplinen.

Es wird jedenfalls ein Spektakel. Simultan gefahrene Abfahrtsrennen, halsbrecherische Sprungeinlagen mit Saltos und Luftpirouetten sind fixe Bestandteile dieser Sportarten, bei denen neben den technischen Finessen des Alpinsports auch Akrobatisches gefragt ist.

Dass Ski-Freestyle und Snowboarden sogenannte Trendsportarten mit starkem Entwicklungspotenzial sind, haben auch die Funktionäre des Olympischen Komitees erkannt. Für Sotschi wurden jeweils zwei neue Disziplinen im Ski-Freestyle und Snowboard ins olympische Programm aufgenommen – so viele wie in keiner anderen Sportart.

Neu dabei ist unter anderem die Disziplin „Slopestyle“. Hierbei fahren die Ski- und Snowboardfahrer einen Hindernisparcours ab, schlittern über Stangen oder an Steilwänden entlang und springen über unterschiedlich große Schanzen. Punktrichter bewerten den Schwierigkeitsgrad und die Ausführung der Tricks.

Im Ski-Freestyle wird es außerdem erstmals in der „Halfpipe“ zur Sache gehen – einer beim Snowboard schon seit 1998 etablierten Disziplin. Die Sportler fahren im Zickzack durch eine nach oben offene Halbröhre, wobei sie über die Kanten der Röhre hinausspringen und meterhohe Sprungkunststücke vorführen.

Zwei Saltos, dreieinhalb Schrauben

Die Leistungsentwicklung ist insbesondere in diesen Disziplinen enorm. Ein Beispiel dafür ist der so genannte „Cork“. Dieser Sprung, der aus gleichzeitigen Saltos und Schrauben besteht, ist so etwas wie der Axel im Eiskunstlauf. Er ist der schwierigste Sprung und Maß aller Dinge. Bei den Winterspielen von Vancouver 2010 begeisterte der amerikanische Doppel-Olympiasieger und Snowboard-Virtuose Shaun White die Zuschauer mit einem „Double Cork 1260“, also zwei Saltos mit dreieinhalb Schrauben.

Ein waghalsiges Kunststück, das vorher kaum jemand für möglich gehalten hatte. Heute gehört diese Figur zum Standard der männlichen Spitzenleute dieser Disziplin. Wer den doppelten „Cork“ nicht mit vier kompletten Schrauben oder am besten gleich in dreifacher Ausführung beherrscht, hat in Sotschi keine Medaillenchance.

Mit dem Leistungsniveau steigt der Anspruch an die Athletik, genauso wie die körperliche Belastung und Verletzungsgefahr, denen sich die mitunter erst 15-jährigen Freestyler aussetzen. Prominente Beispiele für schwere Unfälle im Profibereich gab es mehrere. 2009 lag der Amerikaner Kevin Pearce, der damals zur absoluten Weltspitze im Snowboarden gehörte, nach einem Trainingssturz wochenlang mit einem Schädel-Hirn-Trauma im künstlichen Koma. Ein Schock für die Szene war dann der Tod der kanadischen Ski-Freestyle-Ikone Sarah Burke. Sie verunglückte 2012 beim Training in der Halfpipe.

Unfälle verdüsterten auch die Vorbereitungsphase auf die olympischen Wettkämpfe. Die brasilianische Ski-Freestylerin Lais Souza fuhr gegen einen Baum und liegt nun mit Lähmungen auf der Intensivstation. Und beim ersten Trainingslauf auf der olympischen Slopestyle-Strecke im Rosa Chutor Extrem Park gab es gleich mehrere Verletzte. Am Montag stürzte der Norweger Torstein Horgmo, einer der Favoriten auf Gold, und brach sich das Schlüsselbein. Die Organisatoren in Sotschi haben daraufhin den Slopestyle-Kurs vorsichtshalber entschärft. Trotzdem kam es am Dienstag und Mittwoch beim Training der Frauen zu weiteren schweren Stürzen.

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