Terrorcamp-Kommentar: Schäubles nutzloser Vorschlag
Innenminister Wolfgang Schäuble will den Besuch eines terroristischen Ausbildungslagers unter Strafe stellen. kein Tabubruch, aber wenig praktikabel.
E ines hatten Fritz G., Daniel S. und Adem Y. gemeinsam. Alle drei waren 2006 in einem Ausbildungslager in Pakistan, so die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft. Dort sollen sie gelernt haben, wie man mit Sprengstoffanschlägen möglichst wirkungsvoll unschuldige Menschen töten kann. Kein Wunder, dass Innenminister Wolfgang Schäuble nun sofort an seine Forderung erinnert: Bereits der Besuch eines terroristischen Ausbildungslagers müsse unter Strafe gestellt werden.
Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz mit Sitz in Freiburg.
Tatsächlich gibt es keine Rechtfertigung für den Besuch solcher Lager, wenn der Aufenthalt in der Absicht erfolgt, das Know-how zum Massenmord zu erlangen. Im Prinzip ist damit zwar noch kein Schaden und auch keine konkrete Gefahr eingetreten, aber es wäre nicht das erste "abstrakte" Gefährdungsdelikt im deutschen Strafrecht. Wenn das unbefugte Führen einer Pistole oder die Autofahrt im Alkoholrausch bestraft werden kann, dann ist auch die Strafe für die Terrorausbildung kein Tabubruch. Und da das Strafrecht auch immer der Selbstvergewisserung einer Gesellschaft über ihre Werte dient, dürfte es sicher ein politisches Bedürfnis für eine neue Strafnorm geben.
Der praktische Nutzen wird aber gering sein. So bleibt jeder straflos, der bereits im Terrorlager war. Denn neue Strafnormen dürfen nie auf ein Verhalten angewandt werden, das zur Tatzeit legal war. Außerdem wird der Besuch eines Terrorlagers nur sehr selten zu beweisen sein.
Dass ein Rückkehrer wie Tolga D. aus Ulm offen darüber spricht, wird man nach Änderung des Strafrechts kaum noch erwarten können. Soweit es Geheimdienstinformationen gibt, sind diese vor Gericht in der Regel nicht verwertbar. Kein Dienst wird einen V-Mann als Zeugen aus dem pakistanischen Grenzgebiet zum Landgericht Ulm schicken, schon weil die Dienste ihre Quellen geheim halten wollen.
Ohne Möglichkeit zur Verurteilung bleibt eine Strafrechtsänderung aber heiße Luft. Wer im Verdacht steht, in einem pakistanischen Lager gewesen zu sein, wird weiter als "Gefährder" von der Polizei überwacht, bis er mit konkreten Straftaten beginnt. Genauso wie bisher auch - genauso wie in diesem Fall mustergültig vorexerziert.
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