Terror in Somalia: Hunderte Tote bei Anschlag
Zwei Bomben explodieren in der Hauptstadt Mogadischu. Der Präsident macht die islamistischen Shabaab-Milizen verantwortlich.
Nachdem am Sonntagmittag 92 Tote bestätigt waren, stieg die Zahl eine Stunde später auf 189, während somalische Medien am Nachmittag berichteten, in einem der fünf großen Krankenhäuser der Stadt habe ein Arzt 218 Leichen gezählt. Die Zahl der Verletzten geht in die Hunderte.
Fotos vom Tatort, die Rettungsdienste verbreiteten, zeigen eine Ruinenlandschaft wie nach einem Luftangriff. Die Lastwagenbombe explodierte am Samstag zur Hauptverkehrszeit vor dem „Hotel Safari“ am Platz K5 (Kilometer 5), ein Verkehrsknotenpunkt, von wo aus zahlreiche Busse ins Umland abfahren.
Sie verwüstete das Hotel, zerstörte zahlreiche Häuser und richtete schwere Schäden an benachbarten Regierungsgebäuden sowie der Botschaft Katars an. Zwei Stunden später explodierte eine weitere Bombe im Marktviertel Medina.
Opferzahl unklar
Die Opferzahl ist unklar, weil zahlreiche Tote und Verletzte unter Trümmern erst am Sonntag nach und nach geborgen werden konnten. Am Samstagabend waren 20 Leichen von den Straßen geholt worden, bevor am Sonntag die Gebäude durchsucht wurden.
Ein Anwohner schrieb mittags von „Hunderten verkohlter Körper“, unter denen man noch nach Überlebenden suche. Eine andere Somalierin berichtete, wie eine Frau in einem Hauseingang stand, die zerfetzten Reste ihres Kindes in den Armen: „Noch nie habe ich die Stadt in so viel Schmerz gesehen wie heute Nacht.“
Unter den Toten ist die Genderbeauftragte des somalischen Wirtschaftsministeriums, unter den Verletzten der somalische Außenminister. Vor Mogadischus Krankenhäusern bildeten sich am Sonntag Schlangen von Menschen, die nach Angehörigen suchten und Blut spenden wollten.
Zu den Blutspendern gehörte auch Somalias Präsident Mohamed Farmajo. Er rief eine dreitägige Staatstrauer aus und machte im Fernsehen die islamistischen Shabaab-Milizen für den Anschlag verantwortlich. Bekannt hat sich bis Sonntagnachmittag niemand.
Vom Krieg zerrissen
In Somalia, seit Jahrzehnten vom Krieg zerrissen, hatte die Wahl von Präsident Farmajo durch das Parlament im Februar Hoffnungen auf Befriedung genährt. Doch die islamistischen Shabaab-Milizen, die seit zehn Jahren gegen die Machthaber in Mogadischu kämpfen, werden wieder stärker.
Am Samstag übernahmen sie die Kontrolle über die Stadt Bariire, 50 Kilometer südlich von Mogadischu, die sie im August verloren hatten. Unter dem Eindruck verstärkter Shabaab-Angriffe waren am Donnerstag Verteidigungsminister Abdirashid Abdullahi Mohamed und Armeechef Mohamed Ahmed Jimale zurückgetreten.
Mitarbeit: Saad Muse, Mogadischu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut