Tennisturnier in Saudi-Arabien: Der ultimative Kampf um nichts
Noch nie war ein Show-Turnier so hochkarätig. Olympiasieger und Legenden kämpfen in Riad nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen wachsende Kritik.
Als das Match zwischen Jannik Sinner und Daniil Medwedew am Mittwoch beginnt, ist man fast überrascht, einen ganz normalen Tennisplatz vor sich zu sehen. Das umstrittene „Six-Kings-Slam“-Turnier wurde im Vorfeld so sehr überhöht, dass man zumindest einen schwebenden Court hätte erwarten können.
Zwei der legendären Big Three, die das Männertennis über zwei Jahrzehnte hinweg dominierten, sind dabei: Rafael Nadal und Novak Djokovic. Neben ihnen treten der Weltranglistenerste Jannik Sinner, Jungstar Carlos Alcaraz sowie die Top-Spieler Daniil Medwedew und Holger Rune an. Doch das Turnier ist weit weniger prestigeträchtig als die Spieler selbst. Es kann vor allem mit einem überzeugen – Geld.
Die von Saudi-Arabien ausgerichtete Veranstaltung garantiert jedem Teilnehmer ein Startprämie von 1,5 Millionen US-Dollar. Der Sieger erhält dazu 6 Millionen Dollar. Diese gewaltigen Summen sind für die General Entertainment Authority (GEA), die sich aus dem saudischen Staatsfonds bedient, wohl nur Kleingeld. Umso mehr lohnt sich die Investition: Sie schafft Aufmerksamkeit für ein Turnier, das sportlich bedeutungslos ist. Vom „ultimativen Kampf“ werbetexten die Macher. Doch für diesen gibt es nicht einmal Weltranglistenpunkte, dafür aber Kritik.
Belastungsdebatte im Tennis
Der erste Kritikpunkt betrifft die Belastungsdebatte im Tennis, die von den großen Spielern selbst angestoßen wurde. „Ich gehöre zu den Spielern, für die es zu viele Pflichtturniere im Jahr gibt. Und wahrscheinlich werden es in den nächsten Jahren noch mehr. Das wird uns umbringen“, erklärte Alcaraz im September. Dass nun Zeit für ein Show-Turnier bleibt, sorgt bei einigen für Unverständnis – darunter auch Dietloff von Arnim, der Präsident des Deutschen Tennis Bundes: „Wenn sich jemand über die hohe Belastung beklagt und dann ein Show-Turnier spielt, wirkt das schon etwas befremdlich.“
Tatsächlich ist der ATP-Kalender für Tennis-Profis dicht getaktet. Spieler unter den Top 50 müssen im Jahr auf 18 Turniere kommen. Dennoch sieht der langjährige deutsche Profitrainer Jan de Witt Vorteile bei einem Show-Turnier wie dem in Riad: „Für die Spieler ist so ein Event emotional viel weniger belastend. Sie haben dort keinen Stress. Die Show ist gut, und 90 Prozent der Zuschauer merken vermutlich nicht, dass die Spieler nicht mit vollem Einsatz dabei sind.“ Es sei wie eine gut bezahlte Trainingswoche, erklärte er der ARD-Sportschau.
Saudi-Arabiens Spiel mit dem Sport
Der zweite Kritikpunkt zielt auf das Austragungsland. Saudi-Arabien investiert seit Jahren massiv in verschiedene Sportarten, um seine Wirtschaft zu diversifizieren und unabhängiger vom Öl zu machen, so steht es im Staatsplan „Vision 2030“. Kritiker befürchten, dass das Land so von Menschenrechtsverletzungen ablenken und sein Image aufpolieren will.
Wie viel Einsatz die Spieler in das Turnier stecken, wissen nur sie. Mit Sinners 6:0, 6:3-Sieg und Alcaraz’ ebenso souveränem 6:4, 6:2-Erfolg gegen Rune waren die ersten Viertelfinalpartien jedenfalls schnell entschieden.
Fairplay fürs freie Netz
Auf taz.de finden Sie unabhängigen Journalismus – für Politik, Kultur, Gesellschaft und eben auch für den Sport. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Inhalte auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich leisten kann, darf gerne einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Boomer-Soli“
Gib die Renten-Kohle her, Boomer!
Verurteilung zweier Tierschützer
Don’t shoot the messenger
Nina Warken zu Cannabis
Kampfansage gegen das Kiffen
Gezerre um Verfassungsrichter*in-Posten
Ein Rückzug wäre das falsche Signal
Religiöse Fußballspielerinnen
God first
Was Frauen beim Sex stört
Wie kommen wir zusammen?