■ Avus-Urteil mit Schwäche: Tempo vier Jahre
Auf der Avus bleibt das Tempolimit bestehen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist gleich aus mehreren Gründen zu begrüßen: Das Gericht trägt dem Umstand Rechnung, daß die Zahl der Unfälle durch die Geschwindigkeitsbegrenzung erheblich abgenommen hat. Und es wird zumindest indirekt berücksichtigt, daß die Gesellschaft weder die gesundheitlichen Risiken noch die Luftverschmutzung und Lärmbelästigung des Autoverkehrs unverändert hinnehmen will.
Doch das Urteil der Richter ist nicht völlig befriedigend. Denn sie haben gar nicht jene Streitfrage geprüft, die die drei Kläger entschieden haben wollten. Nämlich, ob die Einführung von Tempo 100 im Jahr 1989 rechtmäßig war. Die Richter haben statt dessen die aktuelle Verkehrssituation zur Grundlage ihres Urteils gemacht. Berührt wird damit aber zugleich eine grundsätzliche Rechtsproblematik. Durch die überlange Verfahrensdauer wird faktisch nämlich das Recht des Bürgers in Frage gestellt, Entscheidungen einer Verwaltung gerichtlich überprüfen zu lassen.
Inhaltlich aber setzt das Urteil mit dem Bezug auf die Entwicklung der Unfallzahlen einen neuen Maßstab. An dieser Vorgabe werden sich künftig auch die Entscheidungen zum Erhalt von Tempo 30 oder zur umstrittenen Öffnung der Oberbaumbrücke als vierspurige Autopiste messen lassen müssen. Dirk Wildt
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