Tempelhofer Feld: Bibliothek wackelt schon
Die Zentral- und Landesbibliothek steht auf der Kippe: Der Bau würde viel teurer als gedacht. Die Opposition fordert, andere Standorte zu prüfen.
Klaus Wowereit (SPD) rückt von den aktuellen Entwürfen für die geplante Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) auf dem Tempelhofer Feld ab. Sollten sich die vermuteten Kostensteigerungen von 270 Millionen Euro auf rund 350 Millionen bewahrheiten, müsse überlegt werden, ob eine Umsetzung der Pläne in dieser Form „überhaupt realistisch ist“, sagte der Regierende Bürgermeister am Montag auf der Sitzung des Kulturausschusses. Der Neubau für die ZLB dürfe nicht „komplett aus dem Rahmen gehen“. Derzeit unterziehe die Bauverwaltung die beiden Architekturentwürfe einer genauen Kostenprüfung. Mitglieder der Oppositionsfraktionen forderten Wowereit auf, nach „günstigeren Alternativen“ anstelle des Tempelhofer ZLB-Standorts zu suchen.
Vor der Sitzung hatte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher die Abgeordneten des Kultur- und Wirtschaftsausschusses durch das ehemalige Flughafengebäude geführt. Dort werden derzeit die ZLB-Entwürfe ausgestellt. Lüscher bestätigte dabei die möglichen Kostenerhöhungen von bis zu 30 Prozent auf über 350 Millionen Euro. Bei dem bis 2021 anvisierten Projekt gebe es „keine Garantie“, dass die Baukosten stabil blieben. Zudem war bei dem Rundgang zu erfahren, dass weitere Bauabschnitte wie die äußere Erschließung oder Fahradstellflächen bisher nicht mit eingerechnet worden waren.
Bei einem Architekturwettbewerb im Dezember 2013 hatte die Jury zwei Entwürfe für die Zentral- und Landesbibliothek prämiert: ein gläsernes Hochhaus und ein langes, raumschiffartiges Betonband. Die beiden Planungen sollten von den Architekten überarbeitet werden, da diese zu kostenintensiv erschienen. Für den 55.000 Quadratmeter großen Neubau – ein Lieblingsprojekt des Regierenden – waren 270 Millionen Euro veranschlagten worden.
Nach Ansicht Wowereits deute alles darauf hin, dass die genannte Bausumme „wohl unrealistisch ist“. Er räumte ein, dass durch eine mögliche Reduzierung der Bibliotheksfläche auf 51.000 Quadratmeter die Kosten vielleicht gehalten werden könnten. Eine Unterschreitung dieser Dimensionen jedoch sei „nicht im Interesse der Nutzer“. Wowereit sagte: „Mehr Fläche weg geht nicht.“ Nach der endgültigen Kostenkalkulation könne entschieden werden, wohin die Reise gehe.
Für die Vertreter der Grünen und Linken ist das Maß dagegen bereits voll. Sabine Bangert, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, kritisierte das Verfahren: „Wir sind bei den Kosten jetzt schon da angelangt, dass es nötig wird, nach Alternativen zu suchen.“ Sie forderte Wowereit auf, einen Ausbau des Standorts der Amerika-Gedenkbibliothek zu prüfen. Philipp Magalski von den Piraten erinnerte den amtierenden Kultursenator daran, dass der Bezirk Tempelhof-Schöneberg verlangt, die ZLB im Airportgebäude unterzubringen. Wolfgang Brauer (Linke) sprach nach den Wowereit-Ausführungen von einem „Begräbnis dritter Klasse für die ZLB“.
Der Regierende scheint diese Variante auch schon im Sinn zu haben: Wenn der Volksentscheid positiv für die Antragsteller ausgeht, „wird es keine ZLB an diesem Standort geben“, sagte er.
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