Tempelhof: Freie Bahn auf dem Rollfeld
Die Modemesse Bread & Butter wird das Ex-Flughafen-Gelände in dieser Woche zwar beleben - aber nur kurz. Ein dreiviertel Jahr nach der Schließung sagen sich Fuchs und Feldlerche weiter ungestört Gute Nacht.
Am kommenden Wochenende werden Fuchs und Feldlerche noch einmal ungebetenen Besuch auf dem Flugfeld in Tempelhof erhalten. Zum "Langen Tag der Stadtnatur" dürfen Neugierige in Bussen über das etwa 380 Hektar große Gelände fahren und dabei Flora und Fauna erkunden. Danach können die angestammten Besetzer aber wieder ungestört ihre Ruhe genießen: Bis auf Einzelereignisse und gelegentliche Alleingänge des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) tut sich dort nicht viel, seit der Flughafen im Herbst stillgelegt wurde.
Die Gebäude werden wohl auf Jahre hinweg nur zeitweise genutzt. Ein Teil der Räume ist nie fertig gebaut worden, sie sind ohnehin nicht verwendbar - ein Abriss kommt aber nicht in Frage, da das Ensemble denkmalgeschützt ist. Die Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM) als Vermieter hat Verträge mit einer Reihe von Großveranstaltern abgeschlossen. In dieser Woche zieht die Modemesse Bread & Butter in Haupthaus und Hangars ein; es folgen das Feuerwerk-Festival Pyromusikale und im kommenden Herbst Snowboarder, Skater und Motocross-Fahrer beim so genannten Freestyle-Festival.
Die Pläne, langfristig ein Krankenhaus einziehen zu lassen, sind vom Tisch; auch die Ideen des Filmstudios Babelsberg waren wohl weniger seriös als zunächst gedacht. Wünschenswert wäre sicherlich, Wissenschaftseinrichtungen zu holen - allerdings gibt es in Berlin schon Buch und Adlershof als Zentren, ein dritter Standort könnte eher Konkurrent denn Zugewinn sein. Beschlossen ist der Neubau einer Zentralen Landesbibliothek am südwestlichen Zipfel des Geländes; das Gebäude, ein Wunsch Wowereits, wäre dank S- und U-Bahn-Station gut angebunden.
Die Zukunft der Freiflächen hingegen wird von der Frage beherrscht: Wann fällt der Zaun? "Wir denken in verschiedene Richtungen, zum Beispiel eine Rücksetzung des Zauns", sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Manuela Damianakis. Vorher müssten auf jeden Fall die Eigentumsverhältnisse geklärt - das Land Berlin will den Bund-Anteil an Tempelhof für 35 Millionen Euro kaufen - und die Flächen gesichert werden. Fest steht, dass der Sportverein "Turngemeinde in Berlin" auf einem Abschnitt im Norden Sportarten wie Tennis und Basketball anbieten wird - vielleicht sogar schon in diesem Sommer.
Langfristig sollen im Norden, zum Columbiadamm hin, Wohnungen entstehen. Dafür läuft derzeit ein Wettbewerbsverfahren. Für einen Zeitplan ist es aber auch hier zu früh, zunächst muss der Flächennutzungsplan geändert werden. Das Wohnviertel soll mit den angrenzenden Kiezen, vor allem der Bergmannstraße, vernetzt werden. Dass Einzelideen aus dem Wettbewerb, wie die eines zentralen Rotlichtviertels für die Gesamtstadt, verwirklicht werden, ist indes wenig wahrscheinlich.
Bei der Ausrichtung einer Internationalen Gartenausstellung (IGA) konkurriert das Land mit Aachen um die Austragung 2017. Die Stadtentwicklungsverwaltung stellte in der vergangenen Woche in Bonn ihr Konzept vor und rechnet sich gute Chancen aus. Die IGA soll im nördlichen Teil bis zur Stadt- und Landebahn angesiedelt werden, im Süden sind bisher Erweiterungsflächen vorgesehen. "Es wäre eine wichtige Motivation für die Entwicklung, und um einen Park muss man sich ohnehin kümmern", erklärt Damianakis.
Am schnellsten könnte das Flughafen-Areal allerdings gerade dort sein Gesicht verändern, wo kaum einer hinschaut: im Süden, zur Autobahn 100 und zur Oberlandstraße hin. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich in diesem Bereich Gewerbe ansiedeln und somit an das vorhandene Gebiet weiter südlich anschließen. Lager- und Fabrikhallen sowie Bürogebäude wären zudem ein hervorragender Lärmschutz für den Park im Herzen der Fläche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken