Tempelhof wird tagsüber für Besucher geöffnet: Der Zaun fällt - ein bisschen
Im nächsten Jahr ist es so weit: Das Flughafengelände Tempelhof soll für Besucher geöffnet werden. Aber abends wird das Areal wieder dichtgemacht. Kritik von Aktivisten.
Das Thema hat sich seit der Schließung des Flughafens vor mehr als einem Jahr zur Gretchenfrage entwickelt: "Sag, wie hältst dus mit dem Zaun?", wurden Politiker und Planer ein ums andere Mal gefragt, und für viele wurde der Zaun um das 250 Hektar große Gelände zum Symbol für eine Politik von oben, gegen den Willen der Bevölkerung. Einen Etappensieg haben die Zaungegner errungen: Von Mai 2010 an soll das Flugfeld tagsüber zugänglich sein.
"Solange es hell ist, werden die Eingänge geöffnet", sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Petra Rohland. Die Schließung zur Dämmerstunde entspreche dem Wunsch der Anwohner in Kreuzberg und Neukölln. In einer groß angelegten Bürgerbefragung im Sommer hatten 86 Prozent der Befragten den Wunsch nach Sicherheit und Sauberkeit geäußert. Zugleich fand die Idee eines Parks Zustimmung - mit der geregelten Öffnung soll auch getestet werden, wie die Berliner die Freifläche nutzen.
Für die Aktivisten vom Bündnis Tempelhof für alle ist der Schritt gleichwohl eine Farce: Das Ganze sei lediglich eine "Beruhigungspille für die Öffentlichkeit", schreiben sie an die taz. Und sie kündigen Widerstand an. "Es sind auch schon ganz andere Zäune und Mauern gefallen."
Unklar ist in der Tat, wie die geplante Schließung zur Dämmerstunde durchgezogen werden soll - das Gelände ist größer als der Tiergarten. Die Vorbereitungen für das Großprojekt Internationale Gartenbauausstellung (IGA) könnten für weitere Komplikationen sorgen. 2017 soll die IGA für ein halbes Jahr etwa die Hälfte der Parkfläche einnehmen. So viel steht fest. Wo genau die Schau angelegt wird und wie, entscheidet sich erst nach zwei Wettbewerben im nächsten Jahr. Dazwischen sollen Bürgerinnen und Bürger zu einem Dialog eingeladen werden. Die Bauarbeiten beginnen laut Plan 2012; bis dahin muss sich der Senat überlegt haben, wie Baustellenausfahrten mit dem Zaunkonzept einhergehen. Zu diesem Zeitpunkt dürften auch erste Erfahrungen mit den Nutzern des Softballfeldes und eines Spielplatzes vorliegen; Letzterer soll im kommenden Frühjahr nahe der Okerstraße entstehen.
Während für die Freiflächenentwicklung in absehbarer Zeit die Pflöcke eingerammt werden, geht es mit den Plänen für die Randbebauung gemächlicher voran. Ziel ist nach wie vor eine Internationale Bauausstellung (IBA) im Jahr 2020. Anders als bei der IGA muss sich das Land um die Bauschau nicht bewerben; der Erfolg hänge allein vom Baufortschritt ab, heißt es vom Senat. Dabei geht es vor allem um die Flächen im Norden und Osten, zur Kreuzberger und Neuköllner Seite hin.
Fernab des öffentlichen Fokus indes könnte die neue Gestalt von Tempelhof am schnellsten Form annehmen: Im Süden zur Autobahn 100 und zur Oberlandstraße hin dürfte sich Gewerbe ansiedeln und an das vorhandene Gebiet im Süden anschließen. Vorteil dabei: Lagerhallen und Fabrikgebäude wären ein Lärmschutz für den Park.
Die Flughafengebäude selbst dienen erst einmal weiter Zwischennutzern. Nach der Aufregung um die Modemesse Bread & Butter im vergangenen Jahr dürfte die Schau diesmal weitgehend diskussionslos für drei Tage im Januar in die Hallen und Hangars ziehen. Die Vorbereitungen laufen: Um die Ausstellungsfläche zu vergrößern, lässt Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller eine künstliche Wand von 400 Metern Länge zusammenschrauben. Sie soll vom Boden schräg geneigt bis zum Dach des Vorfeldes führen und 5.000 Quadratmeter extra bringen.
Zunächst soll die Konstruktion zwei Monate stehen bleiben. Ausgeschlossen ist dem Verwalter Berliner Immobilienmanagement (BIM) zufolge aber nicht, dass die Fläche bei anderen Ereignissen gebraucht werden könnte - etwa bei der Musikmesse Popkomm im September oder als Zelt für die Pferde beim Hauptstadtturnier im Oktober.
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