Tempelhof II: "Reisen, ohne sich vom Fleck zu bewegen"

Gözde Pesman vom Verein "Berlin 21" schlägt zur Tempelhof-Nachnutzung Raumkapseln und Holo-Decks vor. Interview

taz: Frau Pesman, wie stellt sich die Berliner Jugend das künftige Tempelhof-Quartier vor?

Gözde Pesman: Tempelhof soll Ort der Bildung werden. Wir wollen in den Flughafengebäuden so genannte Holo-Decks entwickeln, Raumkapseln, in denen die Menschen in fremde Städte eintauchen können.

Wie soll das aussehen?

Ist 19 Jahre alt und engagiert sich im Verein "Berlin 21". Gemeinsam mit 14 weiteren jungen Menschen in der Gruppe "Yoofooz" entwirft sie Ideen zur nachhaltigen Stadtentwicklung.

Wir haben uns dabei von "Raumschiff Enterprise" inspirieren lassen. Unsere Idee sind eine Art Raumkapseln, in denen mehrere Menschen stehen können. Darin werden die Hologramme anderer Städte projiziert. Solche Hologramme vermitteln noch viel mehr als 3-D-Darstellungen, mittendrin zu sein.

Der Besucher reist, ohne verreisen zu müssen.

Genau, das ist umweltfreundlich, weil man kein Flugzeug benutzen muss. Und gleichzeitig: Es bildet.

Glauben Sie, dass das die Berliner tatsächlich von Flugzeugreisen abhält?

Nein, natürlich nicht. Aber vielleicht reisen die Menschen überlegter, suchen sich vorher genauer die Stadt aus. Und man darf auch nicht vergessen, dass sich viele das Verreisen nicht mehr leisten können - für diese Menschen sind die Holo-Decks eine echte Alternative, trotzdem etwas von der Welt zu sehen.

In welcher Form ist das ganze angedacht?

Wir wollen, dass das Projekt immer zugänglich ist und alle sich den Besuch leisten können. Wir finden es auch wichtig, die bestehenden Flughafengebäude zu nutzen. Ein Abriss würde die Erinnerung an die Geschichte des Flughafens auslöschen.

Was zählt noch zum Ort der Bildung?

Unser zweites Anliegen sind Labors und Forschungseinrichtungen auf dem Gelände, in denen Wissenschaftler praktisch öffentlich arbeiten. So wollen wir der Bevölkerung einen Bezug zur Forschung ermöglichen.

Gläserne Labors sozusagen.

Genau, und hier kann das ganze auch mit der Schulbildung verbunden werden. Unserer Ansicht nach muss das Lernen radikal verändert werden, es muss offener und praxisnäher werden. Wir fordern, Schulen auch räumlich aufzubrechen. Unterricht soll wann immer möglich im Freien stattfinden. Naturwissenschaften sollen in Labors gelehrt werden, Kunst bei Künstlern in Ateliers. Schüler sollen Fremdsprachen von Muttersprachlern lernen. Und überhaupt sollen alle mehr zusammen lernen, nicht nach Leistungsniveaus getrennt.

Klingt ambitioniert.

Zugegeben, wir haben uns noch keine Gedanken über die Nutzung des restlichen Feldes von Tempelhof gemacht. Und auch die Finanzierung hat bei unserer Ideenfindung keine Rolle gespielt. Aber wir werden unsere Vorstellungen im Oktober bei einem Aktionstag auf dem S-Bahn-Ring der Öffentlichkeit vorstellen ...

... wofür Sie eigens einen S-Bahn-Zug von der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt bekommen und mehrmals den Ring abfahren dürfen.

Ja, das ist ein erster Erfolg, und er ermutigt uns. Wir sind überzeugt davon, dass es eine Chance für die Holo-Decks gibt: Wenn sich Menschen dafür einsetzen, dann kann es funktionieren. Wir glauben an unsere Ideen. INTERVIEW: KRISTINA PEZZEI

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.