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Tempelhof-Freunde könnten gewinnenWowereits Landung

Am Sonntag geht es längst nicht mehr um einen alten Flughafen. Die Abstimmung gerät zum Votum über den einstigen Umfrageliebling Klaus Wowereit.

Ja zu Tempelhof heißt Nein zu Wowereit. Bild: dpa

Berlin taz Klaus Wowereit wird sich fragen, wann die Sache bloß schief zu laufen begann. Am Sonntag sind 2,4 Millionen Berliner zur Abstimmung über die Zukunft des Flughafens Berlin Tempelhof aufgerufen, und es ist gut möglich, dass Berlins Regierender Bürgermeister dabei eine schwere Niederlage einstecken muss. Konstant sehen Meinungsumfragen die Airportfreunde beim ersten Volksentscheid in der Hauptstadt in Führung. Der rot-roten Landesregierung steht eine harte Landung in Tempelhof bevor.

Berlins Senat will im Oktober jenen Flughafen schließen, über den die Alliierten 1948 und 1949 den Westteil der Stadt ernährten. So hat es vor zwölf Jahren eine CDU-SPD-Koalition beschlossen, um den Flugverkehr aus der Innenstadt zum geplanten Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) umzulenken. In letzter Instanz hat auch das Bundesverwaltungsgericht das Vorhaben abgenickt. Doch eine Allianz aus Anwohnern, CDU, FDP und Wirtschaftsvertretern hat es geschafft, die geplante Schließung zu einer Art Volksabstimmung gegen den amtierenden Senat zu machen.

Mit großflächigen Plakaten und ganzseitigen Anzeigen wirbt die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (ICAT) für den Weiterbetrieb des Flughafens. 25 Prozent der Abstimmungsberechtigten, rund 600.000 Berliner, müssen am Sonntag mit Ja stimmen. Die Initiative nutzt die Stimmung der Hauptstädter. Vielen von ihnen gefällt gar nicht, dass Wowereit wiederholt erklärte, der Senat könne Volkes Abstimmungswillen nicht beachten. Die mit dem Bund und Brandenburg geschlossenen Verträge seien bindend, jede Änderung gefährde die Baugenehmigung für den Großflughafen in Schönefeld. Die Tempelhof-Freunde werben hingegen auf Plakatwänden "Hört auf euer Herz. Nicht auf den Regierenden". Die Abstimmung gerät zum Votum über den einstigen Umfrageliebling Klaus Wowereit.

Mittlerweile schießt selbst die Bundeskanzlerin gegen den Regierenden Bürgermeister. "Wir haben mit Herrn Wowereit auch über die Möglichkeit gesprochen, Tempelhof bis zur Fertigstellung von BBI weiter zu betreiben", sagte Merkel zur Wochenmitte. Weil sich der Regierende Bürgermeister in diesen Gesprächen aber stets ablehnend gezeigt habe, habe es auch keine Chance für ernsthafte Verhandlungen gegeben.

Selbst Berlins CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger, der gegen Wowereit stets blass blieb, hat mit Tempelhof plötzlich ein Mittel zur Profilierung gefunden. Im Abgeordnetenhaus rief er am Donnerstag dem Regierenden zu, er verkörpere "die Arroganz der Macht".

Das Pochen des Senats auf Gerichtsurteile und Bund-Länder-Vereinbarungen rächt sich. Gegen die Luftbrücken-Nostalgie und den Politikfrust vieler Berliner kommt diese kalt-logische Argumentation nicht an. Selbst der Linke-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi vergaloppierte sich. Am Mittwoch polterte er in Richtung seiner eigenen Parteifreunde: "Man kann nicht erst für Volksentscheide sein und sie dann ignorieren, wenn er nicht das gewünschte Ergebnis bringt." Später teilte er kleinlaut mit, er habe sich "noch einmal genauer über die Rechtslage informiert". Zwar müsse man "das Ergebnis respektieren, könnte es aber aus rechtlichen und anderen Erwägungen nicht umsetzen".

Tatsächlich geht in der Pro-Tempelhof-Euphorie etwas Wichtiges unter: Der Referendumstext der Schließungsgegner fordert den Senat lediglich auf, den Widerruf der Betriebsgenehmigung für Tempelhof zurückzunehmen. Einen Gesetzestext formulieren die Volksentscheid-Macher hingegen nicht. Das bedeutet: Die Abstimmung ist rechtlich nicht bindend. Für Wowereit bringt das aber nicht viel. Denn bei der Abstimmung am Sonntag geht es längst nicht mehr um einen alten Flughafen, sondern um einen Denkzettel - gegen ihn und den rot-roten Senat.

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