: Teletubbies auf Drogen
■ Die Berliner„Paula“ bringen Minimalismus ins Molotow
Die britische Synthie-Popband Pet Shop Boys gilt allgemeinhin nicht gerade als Garant für innovative Musik. Und doch ging 1997 von einem ihrer Konzerte etwas völlig Neues aus: Dort nämlich lernten sich mit Elke Brauweiler und Berend Intelmann zwei ambitionierte Hobbymusiker kennen, und was spitzfindige Zeitgenossen als schlechtes Omen deuten könnten, gab für die beiden Berliner den Startschuss zu ihrem eigenen Projekt Paula.
Aufreizend poppige Melodien, untermalt mit verspielten deutschen Texten: Paula wagen die Gratwanderung zwischen Schlager, House und Wave. Dabei erinnern sie phasenweise zwar verdächtig an Stereo total oder Altmeister Andreas Dorau, doch folgt das Berliner Duo klar seinem eigenen Masterplan. Das Debütalbum Himmelfahrt produzierte es mit äußerst spärlichem Equipment: ein Drumcomputer, ein Synthesizer und eine angestaubte Heimorgel aus Großmutters Zeiten, dazu Elkes betörende, mädchenhafte Stimme. „Neuer Deutscher Minimalismus“ nennen das die Musikkritiker, sie selbst nennen es ganz einfach „guten deutschen Pop“. Das Projekt gelingt – wenn auch nicht auf ganzer Linie: Die Grenze zwischen bezaubernd und nervig ist oftmals fließend, und irgendwie klingen die beiden wie Teletubbies auf Drogen.
Die Platte bietet aber Platz für mindestens zwei Dutzend Déjà vus. Auf den bisherigen Konzerten ihrer gut besuchten Tournee feierte das Publikum so überschwänglich, dass Berend schon mal zur allgemeinen Mäßigung aufrufen musste: „Seid mal bitte ruhig, das hier ist purer Ernst.“ Auf der Bühne sehen sich Paula übrigens ganz im Stile ihrer großen Vorbilder: Wie die Pet Shop Boys würden sie sich am liebsten hinter einer bombastischen Bühnenshow mit „richtig gutem Licht“ verstecken. Darauf werden die beiden wohl vorerst noch verzichten müssen – heute Abend spielen sie erst mal im überschaubaren Molotow. Sebastian Leber
heute, 21.30 Uhr, Molotow
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