Technik im Weißen Haus: Von der Xbox zu Atari
Obamas Team kämpft mit alter Technik im Weißen Haus, denn Bush tat sich schwer mit dem Fortschritt. Bis die Moderne Einzug gefunden hat, bleibt dem Präsidenten nur sein Blackberry.
Bill Burton ist unzufrieden. Das Mitglied im Presseteam des neuen US-Präsidenten Barack Obama griff zu einem drastischen Bild, um die technische Ausstattung des Weißen Hauses zu umschreiben: "Das ist fast so, als würde man von einer Xbox zu einem Atari wechseln." Von heute in die Achtzigerjahre also. Eine herbe Umstellung gerade für die Obama-Mannschaft, die im Wahlkampf über die neueste Technologie verfügen konnte und auch damit den Vorsprung des neuen Präsidenten entscheidend mitbestimmte.
Statt aktueller Maschinen des angesagten Herstellers Apple stehen im West Wing des Weißen Hauses angestaubte PCs mit ganz normalem Windows-XP-Betriebssystem, einer Technik, die inzwischen mehr als sieben Jahre alt ist. Laptops soll es laut Washington Post fast gar nicht geben - für die Bush-Regierung, so scheint es, war moderne IT nicht so wichtig, es herrschte ein gewisses Misstrauen vor. "Mit diesem System müssen wir jetzt erst einmal klarkommen", sagte ein Mitglied des Obama-Teams.
Zu Bushs Zeiten habe es schon mal mehr als eine Woche gedauert, bis man mit einem Rechner und einem Handy versorgt worden sei, erinnert sich ein Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass einige moderne Kommunikationswege der Obama-Mannschaft selbst dann versperrt bleiben, wenn sie technisch einmal doch möglich sind. So legten die Karrierebeamten des Weißen Hauses unter anderem fest, dass das Team nicht mehr mittels Instant-Messaging-Kurznachrichtendienst chatten darf, weil sich dies nicht mit den Dokumentationspflichten des Präsidialamtes vertrage. Auch das Ansprechen von Unterstützergruppen über soziale Netzwerke wie Facebook ist für den Präsidenten und sein Team offiziell tabu.
Obama selbst ist allerdings weniger von der Uralttechnik betroffen: Er darf nun sogar sein geliebtes E-Mail-Handy behalten. "In nur wenigen Wochen musste ich durch eine der bislang härtesten diplomatischen Aufgaben meines Lebens hindurch - und dabei ging es nur darum, meinen Blackberry behalten zu dürfen", scherzte er. Das Mobiltelefon ist allerdings mit einer besonderen Sicherheitstechnik ausgestattet, damit der Präsident nicht abgehört werden kann.
Private Dinge will Obama mit einem Zweitgerät erledigen. Normalerweise müssen alle offiziellen Schriftstücke des obersten US-Befehlsherrn, seien sie digital oder auf Papier, für die Nachwelt aufgehoben werden, was peinlich werden könnte. Sein Vorgänger entschied sich deshalb, nicht mehr per Internet zu kommunizieren. "Das tut mir sehr leid", hieß es dazu in seiner letzten E-Mail. Obama will die Technologie aber trotzdem nicht missen.
Die Uralttechnik im West Wing scheint sich anfangs auch auf die öffentlichen Internetaktivitäten der Obama-Administration ausgewirkt zu haben. Nachdem die neue Whitehouse.gov-Website online gegangen war, tat sich einige Tage lang in dem Angebot bis auf ein paar Starteinträge nichts. Das ist eigentlich tödlich im schnelllebigen Internet, zumal Obama "absolute Transparenz" versprochen hatte. Inzwischen wird die Seite zwar regelmäßig aktualisiert, und auch erste Web-Ansprachevideos Obamas gingen in hochauflösender Qualität online, Videos der Pressebriefings des Weißen Hauses aber oder aktuelle Bilder des Präsidenten, die auf der alten Internetseite der Bush-Regierung längst ganz normal waren, fehlen derzeit noch völlig. "Das New Media-Team geht jetzt online, und erste Priorität ist es, die neue Website zu verbessern", hieß es dazu entschuldigend in einer Stellungnahme.
Die festangestellte IT-Mannschaft des Weißen Hauses, die für die Uralttechnik verantwortlich ist, wurde im Präsidenten-Weblog hingegen, ganz im Gegensatz zu den Meckereien Burtons, gelobt: "Danke für die heldenhafte Unterstützung." So etwas Einfaches wie die Zuteilung von Rechnern ist eben auch nur ein Teil der großen Politik.
Interessant dürfte auch werden, wie die Obama-Mannschaft ihre Grassroots-Anbindung an die vielen kleinen und großen Unterstützer, die den Wahlkampf überhaupt erst erfolgreich machten, aufrechterhalten wird. Während auf Obamas Regierungswechselseite Change.gov noch fleißig Bürgerideen gesammelt wurden, gibt sich die neue Website des Weißen Hauses derzeit noch wenig interaktiv - ein neues "Office of Public Liaison" soll diesen Job in den nächsten Wochen - oder Monaten - erst beginnen. So lange kann man an das Büro des Präsidenten immerhin eine E-Mail schreiben.
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