Tausende Führerscheine wurden verkauft: Fahrprüfung ist uncool
Theorie büffeln für den Lappen war gestern: Tausende Autofahrer stehen unter Verdacht, ihren Führerschein gekauft zu haben.
Einen Führerschein zu besitzen, heißt scheinbar nicht, auch eine Fahrprüfung bestanden zu haben. Zumindest nicht immer: Mehr als 2.000 Berliner Autofahrer mussten in den vergangenen drei Jahren ihren Führerschein abgeben, weil sie kaum Verkehrsregeln kannten oder nicht in der Lage waren, ihr Auto sicher zu fahren. Sie stehen im Verdacht, ihren Führerschein durch Betrug und bestechliche Fahrlehrer und Prüfer bekommen zu haben.
Die Überprüfungen werden von einer Arbeitsgruppe des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) durchgeführt. Die Labo wurde 2007 gegründet, nachdem in Berlin immer mehr Betrugsfälle bekannt geworden waren, und geht Verdachtsfällen von Manipulation bei der Erlangung einer Fahrerlaubnis nach. Nur 40 Prozent der bisher 3.655 begutachteten Fahrer hätten die Tests der Labo bestanden, sagte Mathias Gille, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, am Sonntag. 2.249 Autofahrer mussten ihren Führerschein abgeben.
Laut einem Artikel der Berliner Morgenpost werden Fahrlehrer und Prüfer mit 2.000 Euro und mehr für einen Führerschein bestochen. "Für einige Jugendliche ist es uncool, für Prüfungen zu lernen", mutmaßt Peter Glowalla, Vorsitzender des Berliner Fahrlehrerverbandes über die Motivation der Prüfungsdrückeberger. Für Fahrlehrer bedeutet die Schummelei leicht verdientes Geld auf einem hart umkämpften Markt. Durch das Erwachsenwerden der geburtenschwachen Jahrgänge und die hohe Jugendarbeitslosigkeit geht laut Glowalla die Zahl von Fahrschülern zurück. Seien es in den vergangenen Jahren noch 36.000 Schüler jährlich gewesen, kämpften die 577 Berliner Fahrschulen nun um nur noch 30.000. "Der Wettbewerb in Berlin ist ruiniert", sagt Lothar Taubert, Geschäftsführer der Kreuzberger Fahrschule Verkehr Human. Nicht mehr Qualität, umweltschonendes Fahren und gute Theorievermittlung seien wettbewerbsentscheidend, sondern nur noch der Preis.
Bei der Staatsanwaltschaft laufen derzeit mehrere Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts beim Führerscheinerwerb und den medizinisch-psychologischen Untersuchungen (MPU) - dem sogenannten "Idiotentest" für Verkehrssünder. Es gebe "eine große Zahl von Beschuldigten", sagte Holger Freund, Sprecher der Staatsanwaltschaft, genaue Zahlen lägen derzeit nicht vor. Auch gegen den früheren Regionalleiter des TÜV Berlin-Brandenburg werde derzeit wegen Unregelmäßigkeiten bei Fahrprüfungen ermittelt. Laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde bisher zwei Fahrschulen die Lizenz entzogen.
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