: Tauchende Paläste
Perfekt inszenierte Bühnentechnik – doch die Zuschauer lieben vor allem den Drachen Nepomuk: „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ am Schauspielhaus
Mit Sitzkissen ins große Theater. Am Sonntag stürmten ausnahmsweise mal die jüngsten Zuschauer das Hamburger Schauspielhaus. Premiere hatte Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, das diesjährige Kinderstück. Der zugehörige Roman von Michael Ende ist ein Klassiker der Kinderbuchliteratur, schon 1961 ausgezeichnet mit dem Deutschen Kinderbuchpreis. Er behandelt die Geschichte von Jim Knopf, der als Baby in einem Paket auf die Insel Lummerland kommt und dort bei den (vier) Inselbewohnern aufwächst. Als Jim größer wird, macht er sich mit Lukas, dem Lokomotivführer, auf in die weite Welt. Und kehrt nicht eher zurück, als bis er die Prinzessin Li Si aus der Drachenstadt befreit hat.
Die abenteuerliche Reise bietet natürlich reichlich Stoff, um die Bühnentechnik eines großen Theaters in Schwung zu bringen. Die wie eine Bilderbuchzeichnung angelegte Insel Lummerland mit ihren zwei Bergen und dem Laden von Frau Waas verschwindet im Bühnenhintergrund. Aushänge mit den märchenhaften Bergen Chinas senken sich ab, untermalt von einem Klangteppich der dreiköpfigen Band. Der kaiserliche Palast wiederum taucht martialisch aus der Unterbühne auf. Als Jim (Piet Moedebeck) und Lukas (Dietmar Mues) durchs Tal der Dämmerung fahren, schallt das Echo der pfeifenden Lokomotive von allen Seiten.
Die große Bühne birgt beim Kindertheater allerdings einen großen Nachteil: Das Geschehen ist sehr weit weg von den Zuschauern. Zwar redet die Drachenpolizei à la Kasperletheater mit dem Publikum, doch die Distanz überwindet dieser Kunstgriff nicht.
Regisseur Florian Fiedler hält sich bei seiner Inszenierung an die Buchvorlage und übersetzt sie episodenhaft auf die Bühne. Das gelingt mal mehr, wie beim Abschied am Käfig von Frau Mahlzahn, als ein poetisches Bild entsteht. Manchmal aber auch weniger, wie beim Auftritt der kaiserlichen Wache, der unnötig klamottenhaft gerät. Ein Highlight ist das winzige „Kindeskind“ Ping Pong, das als Handpuppe und Marionette ins Spiel integriert wird (Puppenspieler: Peter Waschinsky).
Und was hat den Kindern am besten gefallen? „Am tollsten war der Drache Nepomuk, weil er immer so komisch gesprochen hat“, meinte Justus (6) nach der Premiere. Fürs nächste Jahr wünscht er sich eine Fortsetzung: Jim Knopf und die Wilde 13.
Christian Rubinstein
weitere Vorstellungen: 28.11. bis 20.12., sonntags 15 Uhr, wochentags 10.30 Uhr, Schauspielhaus