Tatortkommissar Batu ermittelt: Industriespione in Hamburg
Diesmal geht es um Industriespione bei einem Hamburger Triebwerkhersteller. Der Tatort "Vergissmeinnicht" auf dem Ersten, So 20.15 Uhr
HAMBURG taz | Wo sie ihr geheimes Treffen stattfinden lassen können? „In der Schweiz“, sagt der Hamburger Revierleiter Uwe Kohnau (Peter Jordan) seinem Undercoverermittler Cenk Batu (Mehmet Kurtulus). Bald stehen die beiden vor pittoresker Bergkulisse – und doch Mitten in der Elbstadt: Im Alpen-Eckchen des „Miniaturwunderlands“, einem Anziehungspunkt vor allem für asiatischen Hamburg-Touristen, stimmen sie ihr weiteres Vorgehen ab.
Spätestens seit der berühmten Prater-Szene im „Dritten Mann“ (1949) gilt: Spionagefilme sind auf sonderbare Weise immer auch Touristikfilme. Denn dort, wo Menschen in einer fremden Stadt zusammenkommen, lassen sich nun mal am unverdächtigsten verschwörerische Dinge treiben.
Der 2008 rundum renovierte Hamburg-„Tatort“ arbeitet so elegant wie effizient nach diesem Prinzip: Diesmal trifft der verdeckte Ermittler Batu mit seinem Chef bei einer Hafenrundfahrt, auf den schwindelerregend hohen Rolltreppen der U2 am Jungfernstieg oder im kleinen Schwulentempel „Wunderbar“ in der Talstraße. Trockener Witz und Grimmigkeit liegen beim Hamburger „Tatort“ neuerdings dicht beisammen.
Man zeigt die schönsten Seiten Hamburgs – ohne diese schön auszuleuchten. Diesmal geht es um Industriespionage bei einem Triebwerkhersteller; gefilmt wurde auf dem Airbus-Gelände in Finkenwerder, noch so ein Ort, in denen die Stadtoberen gerne in ihren Werbebroschüren verweisen.
Aber hier geht wenig Rühmliches vor sich: Immer wieder tauchen im Ausland geheime Konstruktionspläne, irgendwo ist eine undichte Stelle, und als eingeschleuster Pressereferent soll Batu diese ausfindig machen. Doch dann wird sein Chef ermordet.
Grandios, wie präzise die Macher in „Vergissmeinnicht“ (Buch: Tim Krause, Christoph Darnstädt) hier in den Alltag der „VE“ nachzeichnen: Täuschen und Spionieren, Anbändeln und Abwedeln – der Einzelgänger beherrscht diese Kunst bis zur Selbstverleugnung. Regisseur Richard Huber hatte ja schon im Batu-Debüt „Auf der Sonnenseite“ auf rigorose Weise den identitätssprengenden Job seines Helden ausgeleuchtet. Diesmal verliebt sich der Mann auch noch, das verschärft den inneren Konflikt eigentlich.
Blöde nur, dass man der verbotenen Liaison, die Batu ausgerechnet mit der unehelichen Tochter des toten Konzernchefs (die auch ausgerechnet von Kurtulus’ Lebensgefährtin Désirée Nosbusch gespielt wird) nicht so recht abnimmt.
Bei so viel aufgesetztem Melodram freut man sich geradezu auf weitere ironische Touristikimpressonionen. So ist Batu diesmal beispielsweise in die schicke HafenCity einquartiert worden und schaut aus seinem Panorama-Fenster direkt auf weiteres Highlight hanseatischer Stadtplanung – ein Parkhaus!
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