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„Tatort“ aus StuttgartAura futsch

In einem Wohnprojekt hat es einen Mord gegeben. Wenn am Ende auch Salbeiräuchern nicht mehr hilft, müssen halt doch die Ermittler ran.

Erst wurde Stefan (l.) aus dem Wohnprojekt geschmissen, jetzt soll er auch noch der Mörder sein Foto: Benoit Linder/SWR

Der neue Stuttgart-„Tatort“ funktioniert wie eine „Polizeiruf 110-“Folge, und das ist als Kompliment zu verstehen. Steht die Krimireihe, die ihren Ursprung in fernen DDR-Tagen hat, doch dafür, sich eher mit dem sozialen Umfeld, in dem eine Straftat geschieht – und die gar nicht spektakulär sein muss –, auseinanderzusetzen. Und so kommt der Sonntagskrimi „Das ist unser Haus“ (so hieß mal ein Lied der Band Ton Steine Scherben) als Milieustudie daher. Es wird geschwäbelt auf Teufel komm raus. Das ist schön, Mundart wurde dem Tatort ja über die Jahre abtrainiert.

Wir befinden uns im Kosmos einer Baugemeinschaft, die den Namen „Oase Ostfildern“ trägt. Natürlich ist das alles andere als das – es ist, man ahnt es bald, die reinste Hölle. Alle sind miteinander befreundet (haha). Alle sind nach den aufreibenden Jahren mit Vereinsgründung, Baugeschehen und immer wieder Gruppensitzungen mit nervtötenden Diskussionen und Abstimmungen am Ende. Und alle sind happy, weil sie jetzt endlich in ihrem Haus wohnen. Eine der Häuslebauer*innen wird übrigens von der grandiosen Christiane Rösinger gespielt.

Doch dann ist das Fundament undicht, Wasser dringt ein, da muss man also noch mal ran. Dabei findet die Baufirma eine Leiche, arg verwest, sie hat dort rund ein Jahr gelegen. Hätte man nicht auf „Ökopampe“ bestanden, sondern auf Chemie gesetzt, fasst es ein Bauarbeiter zusammen: die Leiche wäre nie ans Tageslicht gekommen.

Und schon dreht sich das Karussell. Schnell ist klar, dass der Täter oder die Täterin aus dem Haus stammen muss. Da hilft auch Salbeiräuchern nichts, die Aura des Hauses ist futsch: Denn bei der Toten handelte es sich um eine Anwärterin für eine der Wohnungen. Oder doch nicht?

Es geht lange hin und her (und hoch her), gängige Volten werden geschlagen, es gibt einen Haufen Verdächtiger, hinzu kommen Klatsch und Tratsch, schwelende Konflikte, und dann immer mal eine neue Spur. Bootz (Felix Klare) befragt die Nachbarn, Lannert (Richy Müller) die Angehörigen vermisster Frauen – das sind klasse Milieustudien en miniature, herrlich anzuschauen. Ein „Tatort“, der richtig Spaß macht.

Der Krimi

Stuttgart-„Tatort“: „Das ist unser Haus“, So., 20.15 Uhr

Ach ja, Christiane Rösinger ist ja auch bekannt als Berliner Sängerin wunderbarer Songs. In ihrem Hit „Eigentumswohnung“, 2017 auf ihrem Album „Lieder ohne Leiden“ erschienen, singt sie: „Von den Eltern zur Belohnung / und zur eigenen Nervenschonung / und zur ständigen Naherholung / kriegen wir jetzt eine Eigentumswohnung.“ Von wegen Baugenossenschaft!

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3 Kommentare

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  • ...ja auch die Schwoba können bissigen Sarkasmus.... Ach was waren dass für Zeiten, als in WG-Sitzungen über politisch korrektes Verhalten diskutiert wurde: Darf man beim Fußball für die deutsche Elf sein, ist Stehpinkeln Frauenfeindlich und wer hat trotz anstehender Demo laut Putzplan heute Dienst? Was wurde daraus? Die Blagen sind erwachsen und machen einen auf Dauerbetroffen - unterschwellig aber voller Aggressivität und Egoismus. Da kommen selbst die beiden Kriminaler an den Rand des Nervenschadens.... Aber anstatt dem Spießer Zucker zu geben, gibt es eine beeindruckende Schlusssequenz. Die älteste Bewohnerin lästert über ihre Hausgenossen, betont dann aber, das sei immer noch besser, als in der Reihenhaussiedlung vergessen zu sterben und hinzumodern. Chapeau an das Drehbuch-Team und die Darsteller! Selten so amüsiert. Der SWR hat bei den letzten Stuttgart-Krimis ein gutes Händchen bewiesen....

    • @Philippe Ressing:

      Nachtrag: Zu Zeiten des schwarz-weiß Fernsehens (vor 1969) gab es ein Fernsehspiel über ein Kaff, in dem man ein vergrabenes Skelett fand. Daraus entwickelte sich eine veritable Schlammschlacht und Hexenjagd im Ort - bis herauskam, es war ein Soldat aus napoleonischer Zeit hier verscharrt worden.

  • 0G
    02881 (Profil gelöscht)

    Das Thema "Baugemeinschaften" wäre ja auch ein super Berliner Thema! Kenne auch Leute denen hatten die Eltern stets ein schniekes Studentenappartement bezahlt und die jetzt, mit Mitte 40 und Kleinfamilie, unbedingt als WG "gemeinschaftlich" im schicken Bau- und Lebensprojekt leben wollen. Da ergibt sich echt Zündstoff und Drama ist praktisch vorprogrammiert (in Gedanken mach ich schon mal die Chipstüte auf).

    Der TSS-Song heißt übrigens "Rauch-Haus-Song".