Tatort aus Saarbrücken: Wer nichts hören kann, muss sehen
In „Totenstille“ sind die Protagonisten neben Kommissar Stellbrink gehörlos. Es ist einer dieser Fälle, die kurz vor Schluss mittelüberraschend aufgelöst werden.
Eins muss man diesem Kommissar Stellbrink (Devid Striesow) lassen: Er gewinnt „Tatort“-weit den Preis für die lässigste Kommissarsbude aller Zeiten. Nicht übel, dieser vollumfensterte Bungalow, irgendwo ganz oben auf einem Saarbrücker Dach. So weit oben, wie es in Saarbrücken halt geht. Und da an einem Sommerabend ne Party schmeißen – das kommt schon gut.
„Totenstille“ ist wohl die erste Folge aus der (auch nicht mehr ganz so neuen) SR-Reihe, die man ohne allzu viel Winseln anschauen kann. Und okay, das ist sehr vage formuliert, denn natürlich muss der Kommissar auch dieses Mal brüllen, sobald es im Drehbuch scheinbar um Wichtiges geht, selbstverständlich gibt es total hanebüchene Details und man fragt sich erneut, wie es sein kann, dass ein derart großartiger Schauspieler wie Striesow im „Tatort“ so farblos wirkt, von hölzern deklamierten Dialogen der anderen Darsteller mal abgesehen.
Folge aus Saarbrücken; So., 20.15 Uhr, ARD
Aber. Dieses „Aber“ hat mit einem besonderen Plot-Kniff zu tun, um nun doch mal auf den Fall zu sprechen zu kommen: Die Protagonisten sind gehörlos. Sie können von Ferne einem Typen von den Lippen ablesen, dass er von einem Mord erzählt – und ihn erpressen. Aber wenn jemand um Hilfe schreit, hören sie das nicht. Und wenn einer im Blutrausch mit dem Messer fuchtelt, können sie nicht kommunizieren, dass ein Missverständnis vorliegt. Kurz: einer jener Fälle, die in den letzten zehn Minuten mittelüberraschend aufgedröselt werden. Ei, jo, sagt der Saarländer.
Thema: super. Charme der Laiendarsteller Jessica Jaksa, Benjamin Piwko und Kassandra Wedel: stark. Zu dumm: Der Aufklärungsfilmduktus von Peter Probsts Drehbuch ist stärker. Mit die beste Akzeptanz-Szene ist sicher, als Stellbrink die schwangere Gebärdendolmetscherin fragt, ob sie Sorge habe, ihr Kind könnte gehörlos sein. Darauf sie: „Nö, Hauptsache, es ist gesund.“
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