„Tatort“ aus Münster „Propheteus“: Außerirdische unter sich
Boerne und Thiel haben es mit einer Gruppe von Verschwörungstheoretiker:innen zu tun. Doch in diesem „Tatort“ sind nicht nur die Bösen irre.
Wer den aktuellen Münsteraner Tatort „Propheteus“ guckt, landet direkt im Irrenhaus. Die Folge kommt einem vor wie ein hitziger Fiebertraum eines Kiffers, der zu viele Nachrichten geguckt hat. Das liegt nicht nur an den schwindelerregenden Kamerafahrten und der bedrohlich-komischen Musik. Wichtiger ist: Bei der ganzen Geschichten sind nicht nur die Bösen irre.
In Münster gründet eine Gruppe von Verschwörungstheoretiker:innen einen Geheimring, der sich „Sisindus“ nennt. Die Mitglieder glauben an eine Übernahme von Außerirdischen, hassen staatliche Institutionen und verbreiten ihren Schwachsinn über eine Chatgruppe auf einer dubiosen Plattform. Das ganze eskaliert und führt zu zwei Toten. Die Parallelen zur aktuellen Verschwörerszene in Deutschland sind unübersehbar.
Doch auf ein Ermittlerteam, das im Kontrast dazu einen klaren Blick bewahrt und sympathisch gegen das Verbrechen kämpft, kann man als Zuschauerin lange warten. Die eigentlichen Aliens kommen nicht von einem anderen Planeten, sondern spielen die Hauptrollen.
Denn offensichtlich irre sind nicht nur die Verschwörungstheoretiker:innen, sondern auch der ganze restliche Haufen. Professor Boerne trägt ein geschmackloses Flamingo-Hemd und redet wie ein unsympathischer Kauz mit narzisstischen Zügen. Er sieht sich als Genie und schmiedet einen sinnfreien Plan: klarer Fall von Alien, das seine Herkunft nicht verbergen kann. Bis zum Ende ist nicht klar, ob es ein Witz ist, dass ausgerechnet Jan Josef Liefers diese Rolle spielt.
Menschlich ist was anderes
Die zwei mystischen Gestalten vom Verfassungsschutz, die ebenfalls ermitteln, versuchen nicht mal ihre außerirdische Identität zu verstecken. Sie haben perfekt geschnittene Bobfrisuren, machen ruckartige Bewegungen, reden synchron und hören Aliengeräusche in ihren Ohrknöpfen. Ihre Nachnamen: Muster und Mann. Menschlich ist was anderes.
Münster-„Tatort“: „Propheteus“, So., 20.15 Uhr, ARD
Und auch Kommissar Thiel (Axel Prahl) geht nicht als der Normalo durch, den er mimen will. Seine komischen Altherrenwitze („Jetzt sind sogar Hunde Vegetarier“) und seine ruppige Art können nicht verbergen, dass er genauso irre wie die anderen ist. Er versucht einfach zu deutlich, sich als normaler Kommissar der alten Schule zu tarnen. Wer sich so darum bemüht, hat auf jeden Fall was zu verstecken. Der einzig normale ist der Hund namens Banane. Ihm gelingt es zumindest, einen der irren Aliens aus dem Weg zu schaffen. Brav, Banane!
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