Münster-Tatort: Ein Anwalt kommt selten allein

Der Krimi handelt von Rechtsanwälten und vom schmalen Grat zwischen Mitwissen und Mitmachen. Aber gewohnt klamaukig.

Schauspieler Axel Prahl in einer Filmszene.

Kommissar mit Goldfisch: Axel Prahl im Tatort „Ein Freund, ein guter Freund“ Foto: WDR Kommunikation/Redaktion Bild

Außerhalb von Münster weiß man über Münster, dass es dort eine Kirche gibt. Und man weiß, dass Menschen von außerhalb von Münster gerne nach Münster kommen, um dort die Eisenkäfige hoch oben an der Kirche zu betrachten. Die hängen da schon seit dem späten Mittelalter. Damals hatte man dort die Leichen der grausam zu Tode gefolterten Protagonisten des „Täuferreichs von Münster“ ausgestellt und verrotten lassen.

Der neue Münster-„Tatort“ erzählt nichts von der Wiederauferstehung brutaler Foltermethoden der Strafjustiz in Münster und auch nichts von den Wiedergängern der mittelalterlichen Täuferbewegung, die die katholische und protestantische Kirche radikal bekämpfte.

Aber um Justiz, Folter und Brutales geht es in der neuen Folge aus der Reihe rund um die Männerfreundschaft zwischen Kommissar Thiel (Axel Prahl) und Professor Boerne (Jan Josef Liefers) durchaus. „Ein Freund, ein guter Freund“, wie der Titel der Folge lautet, geht es zwar auch um Freunde, aber vor allem wird ein Milieu beleuchtet, das nicht so oft Gegenstand intimer Betrachtung deutscher Krimis ist, geht es hier doch meistens zentral um Mörder, Mitwisser und ihre Motive. Am Sonntag geht es mal nicht um das Gangster-, Drogen- oder Bankermilieu, sondern das Rechtsanwaltsmilieu.

Der Krimi handelt von den extremen Gewissensspannungen dieser Berufsgruppe, von der Balance zwischen Wahrheit und Lüge, Gewissen, Gewinn und Gemauschel, vom schmalen Grat zwischen Mitwissen und Mitmachen. Er handelt aber auch vom besonderen Verhältnis der Justiz zur Mafia und von einem Capo, der zu verhindern weiß, dass seine Machenschaften justiziabel werden.

Wer hat hier eigentlich wen erpresst?

Der Mafia-Boss Nino Agostini ist dabei ein Wiedergänger des legendären Tony Soprano, des Mafiabosses aus der Serie „The Sopranos“. Agostini ist wie Soprano einer, der sich in der Provinz im Kreise seiner Kleinfamilie und seiner Garage wohl fühlt, im Morgenmantel durch die Gegend läuft und sich wie ein Kind über eine marmorne David-Statue für seinen piefigen Garten freut.

Münster-„Tatort“: „Ein Freund, ein guter Freund“, So., 20.15 Uhr, ARD

Agostini steht im Verdacht, einen der Rechtsanwälte umgebracht zu haben, weil der zu viel wusste. Allerdings hat sich das Problem des Mafioso mit dem toten Rechtsanwalt nicht erledigt, denn im Laufe des Krimis vermehren sich die Rechtsanwälte, die was wissen, und geraten teilweise selbst in Verdacht, Hand an ihren Kollegen angelegt zu haben.

Es ist irgendwann grandioserweise kaum noch zu trennen, wer von den Beteiligten die Mafiamethoden des Bluffs, der organisierten Kriminalität, des kaltblütigen Mords oder der illegalen Gewinnbeschaffung besser beherrscht. Wer hat am Ende nun eigentlich wen erpresst, hintergangen, belogen und betrogen? Die Mafia oder die Rechtsanwälte?

Weniger gelungen ist diesmal der Sprachbattle zwischen Boerne und Assistentin Haller (Christine Urspruch). Die immer gezielt danebenlandenden Giftpfeile des professoralen Sprachwitzes hat Haller schon mal schlagfertiger pariert. Trotzdem ist die im Münster-„Tatort“ gewohnt klamaukige Verkleidung des seriösen Kerns wie immer unterhaltsam, vorausgesetzt, man findet das Schauspiel der überzogenen Arroganz des Professors unterhaltsam. Ist das nicht der Fall, braucht man dieser „Tatort“-Folge keine Chance zu geben.

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