„Tatort“ aus München: Eine Münchner Horrorshow
Es ist Wiesn-Zeit, auch im „Tatort“ aus München, bierseeliger Wahnsinn inklusive. Dabei bleibt es nicht bei Alkoholleichen.
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Leichtfüßig beginnt dieser „Tatort“, unbeschwert – so unschuldig wie ein kleiner Schwips, vielleicht. Da schaut man Kommissar Batic (Miroslav Nemec) fasziniert dabei zu, wie er gut gelaunt ein komplettes Spanferkel mariniert, für die kroatische Sippschaft, die sich zum Wiesn-Besuch angekündigt hat. Kollege Leitmayr (Udo Wachtveitl) hat derweil seine Wohnung an zwei Schwedinnen untervermietet, wünscht noch „Happy Beer-Drinking“, packt seine Jimi-Hendrix-Schallplatten ein und flüchtet dann pfeifend aus der volltrunkenen Stadt in den Urlaub nach Italien.
Aber so schön angeheitert kann es natürlich nicht weitergehen, es ist schließlich Wiesn und da hat man keinen Schwips, sondern einen Vollrausch. Und der endet unweigerlich, und so auch in diesem Fall, in einem üblen Kater. K.-o.-Tropfen im Festzelt, irgendjemand hat es auf junge Männer abgesehen, ein Italiener stirbt in Lederhosen und Karo-Hemd im U-Bahn-Eingang, während die grölende Meute weggekarrt wird Richtung Theresienwiese.
Was für eine Horrorshow. Aber gut, „sechs Millionen Besucher, eine Milliarde Euro Umsatz“, wie der Herr vom Innenministerium Einsatzleiter Maurer (Jürgen Tonkel) diskret zu verstehen gibt, als der das Festzelt schließen will. The show must go on.
Das tut sie auch, der nächste Tote lässt nicht lange auf sich warten. Jetzt könnte man meckern: dass die Kommissare dem Täter langsam – viel zu langsam – auf die Pelle rücken. Dass das mit bloßem Zuschauerauge nicht erkennbare Tätermotiv, das die Fallanalystin am Ende dankenswerterweise nochmal referiert, ziemlich dünn daherkommt.
Alles geschenkt – denn der eigentliche Kriminalfall hier ist die Wiesn an sich. Hässlich und böse inszeniert sie Regisseur Marvin Kren im zuckenden Neonlicht. Quasi ein absolut sehenswerter Dokumentarfilm.
„Tatort“: „Einmal wirklich sterben“; So., 20.15 Uhr, ARD.
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