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„Tatort“ aus DortmundFamiliendrama mit viel Schmerz

Der neue Tatort aus Dortmund ist ein atmosphärisch dichter Krimi. Es gibt keine Leiche, dafür geistern die Toten trotzdem in der Geschichte.

Kommissar Peter Faber wird von Rosa Herzog an einer Staumauer ausfindig gemacht Foto: Thomas Kost/Bavaria/WDR

Schon wieder ein „Tatort“, in dem die männliche Hauptfigur, diesmal in der Dortmunder Filiale der ARD-Reihe, seine aus dem Leben gerissene ­weibliche Hauptfigur betrauert. Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) mit seinen langen lockigen Haaren und Rauschebart hat es schwerer erwischt als seinen Kollegen Karow, der im letzten Berliner „Tatort“ um Kom­missarin ­Rubin weinte.

Faber haust in seinem Manta, so geht der Krimi „Du bleibst hier“ los: Er wacht auf, sieht – nun ja – scheiße aus, geht dann aber doch erstaunlicherweise joggen und springt wenig später nackt ins Wasser. Und Schnitt.

Die Spusi ist schon vor Ort im Dort­munder Westpark und empfängt die Ermittler Jan ­Pawlak (Rick Okon) und Rosa Herzog ­(Stefanie Reinsperger) mit einem „Heute mal keine ­Leiche.“ Aber da sind zwei Liter Blut auf dem Boden – „Das überlebt kein Mensch.“ Die ­Kollegin von der Spurensicherung fragt ­Herzog auch nach Faber: „Immer noch krank­geschrieben?“ Die aber sagt nur „Hm“ und zuckt mit der Schulter. Ein sym­p­to­ma­tisches Bild.

Es gibt keine Leiche, aber schnell einen Namen. Andreas Richter wird vermisst, Chef einer Immobilienfirma. Diese kauft ein Haus nach dem anderen im Kreuzviertel auf, einem Kiez mit vielen Altbauten, aus deren Mietwohnungen sich prima Luxuseigentumswohnungen machen lassen.

Haufenweise Verdächtige

Und natürlich führt Pawlak und Herzog eine erste Spur in so eine von Umwandlung betroffene Wohnung, in der ein alter Herr lebt. Dieser entpuppt sich, was für eine Überraschung, als Vater von Peter Faber. Beide hatten scheinbar seit Jahrzehnten keinen Kontakt.

Dortmund-„Tatort“: „Du bleibst hier“,

So., 20.15 Uhr, ARD plus in der ARD-Mediathek

Dazu kommen weitere Handlungsstränge und damit Verdächtige. Da ist zum einen die Ehefrau des Vermissten, der sich scheiden lassen wollte. Oder der Sohn, der nach einem Trip mit verunreinigten Ecstasy zum Pflegefall wird. Sein Dealer übrigens ist verschwunden. Und dann sind da ein paar Jugendliche, die im Westpark abhängen und Fabers Vater überfallen. Also ziemlich viel Plot für eineinhalb Stunden, daraus hätten andere locker eine achtteilige Serie gestrickt.

„Du bleibst hier“ ist ein spannender, weil stimmiger, atmosphärisch dichter Krimi, der eine ethnologische Beschreibung eines vielleicht bald aussterbenden Milieus in einem Dortmunder Viertel liefert, in dem Kneipen „Fusel“ heißen.

Dieser Film, der in vielen Momenten ­berührt, ist auch ein psychologisches Fa­miliendrama. Er führt vor Augen, was sich Familienmitglieder antun, wie viel Schmerz und seelische Deformation Menschen ein Leben lang mit sich herum tragen. Und zeigt, wie ungeübt unsere Spezies darin ist, über das Erlebte zu sprechen, um es zu verarbeiten, statt immer alles nur in sich hineinzufressen und daran kaputtzugehen.

Nachricht von den Toten

Das eint die übrig gebliebenen Ermittler Herzog, Pawlak und Faber mit ihren verkorksten Familienkonstellationen. Über den Tod von Kollegin Martina Bönisch können sie ja auch nicht reden – da braucht es erst einen trunkenen, ausufernden Abend zu dritt.

Faber hat von der toten Kollegin, der Liebenden, ein in der Sterbeminute hin­gehauchtes „Du bleibst hier“ als Vermächtnis erhalten. Nach diesem Krimi weiß man, was die drei Worte bedeuten: Der arg lädierte Faber soll sich nicht davonstehlen, sondern weiterleben.

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