Tatmotiv unklar: Schüsse auf Späti-Inhaber
Waren die Schüsse auf einen Späti-Inhaber syrisch-kurdischer Herkunft politisch motiviert? Entsprechende Vermutungen hat die Berliner Zeitung in ihrer Donnerstagsausgabe unter Berufung auf das Umfeld des Opfers geäußert. Die Polizei bestätigte das auf taz-Nachfrage nicht. Die Pressemitteilung vom Vortag – wonach die Hintergründe der Tat unklar sind – sei nach wie vor gültig. Ein Sprecher des kurdischen Zentrums für Öffentlichkeit sagte zur taz, das Opfer sei in kurdisch-politischen Kreisen in Berlin nicht bekannt.
Der 35-jährige Nezar M. war in der Nacht zu Mittwoch in seinem Spätkauf in der Goethestraße in Charlottenburg niedergeschossen worden. Er schwebt inzwischen wohl aber nicht mehr in Lebensgefahr. Bisherigen Ermittlungen zufolge sollen zwei Unbekannte kurz vor Mitternacht das Geschäft betreten haben. Laut Berliner Zeitung war M. da gerade mit seinem Laptop im Internet in einer Videokonferenz eingeloggt. Der Mordanschlag sei live bei Facebook übertragen worden, das Video liege ihr vor, so die Zeitung.
Zu sehen sei, wie sich M. verblüfft umdrehe – offenbar zu den Personen, die das Geschäft betreten hätten. Diese seien allerdings nicht zu sehen. Dann rufe eine arabische Stimme zweimal: „Drück jetzt ab!“ Zwei Detonationen seien zu hören. Nezar M. rufe auf Deutsch laut um Hilfe. Kurz danach breche das Video ab.
Bei der Videokonferenz sei es unter anderem um die Forderung der Kurden nach einem eigenen Staat gegangen, schreibt die Zeitung. Die Redaktion will ermittelt haben, dass M. bis vor zehn Jahren junge kurdische Kämpfer in Syrien militärisch ausgebildet hat. Ein Sprecher des kurdischen Zentrums für Öffentlichkeit sagte zur taz, man könne das nicht bestätigen. Neza M. habe in den hiesigen politischen Kreisen der syrischen Kurden „keine herausragende Rolle“ gespielt. „Sonst hätten wir ihn gekannt.“ Die Tat könne auch einen kriminellen Hintergrund haben. (plu)
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