Tarifverhandlungen in der NBA: Peinlicher Lohnstreit
Die Liga ist klamm und hat ihre reichen Angestellten ausgesperrt - aber auch die einfachen Mitarbeiter sind raus. Der Saisonstart, üblich Anfang November, steht in Frage.
"Die ganze Sache ist einfach nur peinlich", sagt Ray Allen. Der 36-jährige Guard der Boston Celtics gehört zu den artikulierteren Spielern der NBA - und hat seine eigene Meinung zum aktuellen "Lockout". "Ich denke da an Legenden wie Michael Jordan, Julius Erving oder Larry Bird und dann an diese Unsummen, die wir heutzutage verdienen - da ist es wirklich beschämend, dass wir darüber streiten, worüber wir gerade streiten."
Worüber gestritten wird, ist so banal wie alltäglich: Tarifverhandlungen sind gescheitert, es geht ums Geld. Seit dem 1. Juli haben die Besitzer der 30 Mannschaften der besten Basketball-Liga der Welt ihre Spieler ausgesperrt. Die NBA beklagt Millionenverluste. 22 der 30 Teams würden rote Zahlen schreiben.
Wettmachen sollen das drastische Einsparungen bei den Spielergehältern, rund 750 Millionen US-Dollar weniger sollen pro Saison gezahlt werden. Derzeit fließen 57 Prozent der gesamten Einnahmen der NBA in die Lohntüten ihrer Angestellten auf dem Parkett, zukünftig sollten es nur noch 40 Prozent sein.
Das wollte die Spielergewerkschaft nicht hinnehmen - die "Aussperrung" folgte. Keine Trainingseinheiten in den Hallen der Klubs, keine Vorbereitungsspiele, keine Vertragsverhandlungen oder Wechsel. Der Saisonstart, üblich Anfang November, steht in Frage.
Einige NBA-Spieler liebäugeln mit Europa
Medial ist die Situation ein Fiasko für den gesamten Betrieb. Die diesjährigen NBA-Finals zwischen den Dallas Mavericks und den Miami Heat hatten im US-Sender ABC Rekordeinschaltquoten, ein Einbruch wird befürchtet. Kevin Durant, einer der jungen Topstars der Liga, droht mit Kondition: "Wir werden für das eintreten, was wir wollen, ganz egal, wie lange es auch dauert."
Einige seiner Kollegen liebäugeln bereits mit Wechseln nach Europa. Deron Williams, einer der besseren Aufbauspieler der Liga, unterzeichnete vergangene Woche bei Besiktas in der Türkei - wird in der NBA eine Einigung erzielt, kann der 26-Jährige sofort zu den New Jersey Nets zurück.
Otto Normalsportfan hat da seine Meinung schon längst formuliert. "Verwöhnte Jungs" also, die gar nicht wissen, wie gut ihnen eigentlich geschieht? Derart einfach gestaltet sich die Suche nach dem Schuldigen für die verfahrene Lage nicht. Denn gerade die Chefetagen der Klubs sind mit verantwortlich für die finanzielle Schieflage, statteten zu oft bestenfalls mittelmäßige Spieler mit gigantischen Verträgen aus.
"Gelder werden nicht effizient verteilt"
Flügelspieler Rashard Lewis steht in der ligaweiten Gehaltsliste auf Platz zwei, verdiente letzte Saison bei den Washington Wizards 20 Millionen US-Dollar - ist sportlich aber eher ein Tiefflieger. In den letzten Jahren waren besonders die New York Knicks in Spendierlaune. Center Jerome James reichten ein paar gute Playoff-Auftritte mit Seattle, um 2005 von den Knicks unter Vertrag genommen zu werden - für 30 Millionen Dollar, verteilt über fünf Jahre. James spielte - mal durch Verletzungen verhindert, mal wegen Lustlosigkeit suspendiert - nur in 90 von 328 möglichen Partien. Kurios das Beispiel von Center Eddy Curry, der hochgerechnet auf die Anzahl seiner Einsätze in den letzten Jahren drei Millionen Dollar pro Partie einstrich.
"Wir haben den Spielern schon bei unserer ersten Sitzung vor zwei Jahren verdeutlicht: Die Gelder werden nicht sehr bedacht oder gar effizient verteilt", sagt Liga-Vize Adam Silver. "Wir denken, dass da ein besseres Verhältnis von Leistung und Bezahlung entstehen muss."
Nicht bezahlt werden indes die übrigen Angestellten der Mannschaften - Sekretärinnen, Busfahrer, Reinigungskräfte, das untere Ende der Verdienstskala. Während des Lockouts müssen sie sich andere Jobs suchen. "Besonders leid tut mir die Situation für die Mitarbeiter, die jeden Tag, egal in welcher Position, ihr Bestes geben für unsere Teams", betont auch Liga-Boss David Stern. Dabei hatte die NBA selbst vor wenigen Tagen 114 Arbeitsplätze in ihren Büros gestrichen. Die Kleinsten trifft es am härtesten - in Ray Allens Worten: Einfach nur peinlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach