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Tanztreffen der JugendMake it beautiful! Let‘s get wild!

Zwischen Performance, Campus-Programm und Mal- und Bastelecke: das Tanztreffen der Jugend im Haus der Berliner Festspiele.

Erst vorsichtig, dann wild: das Stück „Feuerblume“ der Kindertanzcompany Berlin von Sasha Waltz & Guests. Foto: Sebastian Bolesch

Zaghaft gehen die neun Jugendlichen aufeinander zu, bis sie sich in der Mitte der Tanzfläche treffen. Ganz nah kommen sie sich. Ihre Schultern und Arme berühren sich. Dann gleiten sie an den Rand zurück. Der Tanzlehrer Tom Bünger zeigt ihnen, wie sie „mit Magie“ rückwärts laufen können, sodass es aussieht, als würden sie schweben. „Wie in Hogwarts“, kichert Stella, die mit ihrem Tanzkollegen Fabi Harry Potter spielt. „Ron Weasley, you little fool“, tadelt sie ihn.

Es ist Dienstagmorgen. Der fünfte Tag beim Tanztreffen der Jugend beginnt. Eine Woche lang treffen sich die jungen TänzerInnen zwischen 13 und 24 Jahren, die beim zweiten Bundeswettbewerb der Berliner Festspiele gewonnen haben. Tanzgruppen aus ganz Deutschland haben sich mit 68 Produktionen beworben. Die sieben besten Ensembles lud die Jury nach Berlin ein. Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl war, dass die Kinder und Jugendlichen das Stück aktiv mitgestaltet haben.

Beim Tanztreffen selbst findet kein Wettkampf mehr statt. Stattdessen steht der Austausch im Vordergrund. Tagsüber bieten die Berliner Festspiele den TeilnehmerInnen ein vielfältiges Campus-Programm, das perfekt organisiert ist. Der Ablauf ist klar strukturiert. Ansprechpersonen beantworten alle Fragen. Es gibt eine Mal- und Bastelecke und einen Raum mit Hängematten. Jederzeit können sich die TeilnehmerInnen im Foyer etwas zu trinken und zu essen holen.

Jeden Tag finden Gespräche statt, in denen die Kinder und Jugendlichen über ihre Erfahrungen, Sorgen und Wünsche reden können. Auch für die Choreografen gibt es ein Forum, in dem sie sich Lob und Feedback geben können. Der Leiterin Christina Schulz ist es wichtig, dass sich alle kennenlernen und wohl fühlen.

Dramatische Posen

Morgens finden die sogenannten Intensiv-Workshops statt, bei denen die Jugendlichen über mehrere Tage an sich arbeiten. Tom Bünger vermittelt in seinem Kurs „Movement Principles of Dance“ verschiedene Tanztechniken: Drehungen und Sprünge, wie sie sowohl im klassischen Tanz wie auch in der Folklore vorkommen. Es läuft Musik von Eric Clapton und der schwedischen Band Amason. Bünger motiviert die Kinder mit Sprüchen auf Englisch wie „Make it beautiful!“ oder „Let‘s get wild!“. Gegen Ende fordert er sie mit einer rhythmisch komplizierten Abfolge von Schritten. „Ich weiß, es ist advanced, aber es ist schön“, ermutigt er Stella.

Als sie in der Hocke vorwärts tanzen sollen, stöhnen und lachen sie zugleich

In den Workshops treffen die Mitglieder der verschiedenen Ensembles aufeinander, doch das merkt man kaum. Die Atmosphäre unter den Kindern und Jugendlichen ist vertraut. Der Zusammenhalt ist groß. In den Pausen albern und turnen sie herum, zeigen sich gegenseitig Moves.

An den Nachmittagen können sie sich bei „Impuls-Workshops“ inspirieren lassen. Am Dienstag findet neben einer House- und HipHop-Session ein Unterricht zu „Urban Dance Health“ statt. Sophie Manuela Lindner bringt den Jugendlichen Grundschritte des Breakdance bei und macht ihnen vor, wie sie ihre Gelenke und Muskeln schonen. Mit einem Skelettarm zeigt sie, wie man sich am besten mit den Händen abstützt. „Presst sie nicht auf den Boden!“, warnt sie. Erst am Vortag hat sich ein Kind beim Parkour-Workshop verletzt.

Extravagant ist der Kurs zu „Voguing“, der zur selben Zeit im ersten Stock stattfindet. Beim Voguing imitieren TänzerInnen die Körpersprache und die Posen von Models. Bei Georgina Philp alias Leo Melody lernen sie, wie sie beim Catwalk ihre Hüften und Schultern bewegen müssen. Mit dramatischen Posen treten sie gegeneinander an. Als sie in der Hocke vorwärts tanzen sollen, stöhnen und lachen sie zugleich. Es ist anstrengend, aber nur wenige geben auf.

Fließende Bewegungen

Am Abend führt die Kindertanzcompany Berlin Sasha Waltz & Guests das Stück „Feuerblume“ auf. Der Choreograf Gabriel Galindez Cruz erklärt der taz mittags im Hof der Berliner Festspiele, dass es sich dabei um eine energetische Beschreibung handelt. Manchmal tanzt der Kolumbianer auch einfach vor, statt zu reden. „Tanz ist eine Sprache, an die ich mehr glaube als an die verbale.“ Das Stück sei eine strukturierte Improvisation. Die Kinder folgen einer Reihe von Aufgaben, innerhalb derer sie viele Freiheiten haben. Cruz lässt die Kinder viel selbst entscheiden und sammelt ihre Ideen. Er hofft, dass die Kinder durch ihre Tanzerfahrung Kreativität in die Gesellschaft einbringen und sie dadurch toleranter wird.

Zwei Songs der Band Bukahara bilden den Ausgangspunkt der 25-minütigen Vorführung. Die vier Musiker spielen live auf der Bühne. Es ist eine außergewöhnliche Mischung aus Jazz, Folk und Reggae. Am Anfang stehen die Kinder in vier Reihen vor den Musikern. Mit immer schneller und größeren Bewegungen brechen sie aus der Ordnung aus. Sie stehen in stetiger Beziehung zueinander, zum Raum und zur Musik. Ihr Tanz ist wunderschön fließend. Nach dem Auftritt holen die Kinder andere TeilnehmerInnen aus dem Publikum auf die Bühne. Sie bilden einen Halbkreis, in dem einer nach dem anderen vortanzt. Das Publikum und die anderen TänzerInnen klatschen und feuern sie an.

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