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Tanzperformance des Ensembles Dance OnEine Reise durchs Düstere

Choreografin Meg Stuart, Tänzerin Omagbitse Omagbemi und Klangkünstlerin Mieko Suzuki begeben sich im Berliner HAU auf die Suche nach Verbindung.

Meg Stuart, Omagbitse Omagbemi und Mieko Suzuki in „Glitch Witch“ (von rechts nach links) Foto: Laura Van Severen

Wie können wir uns in der Zukunft begegnen? In einer Zukunft, die so düster scheint. Wie können wir unsere Geschichten hinter uns lassen und uns eine neue in den Körper schreiben? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Choreografin Meg Stuart zusammen mit der Tänzerin Omagbitse Omagbemi und der Komponistin und Klangkünstlerin Mieko Suzuki. Umgeben von einer Mondlandschaft aus Discokugeln und verbrannter Erde gehen die drei Künstlerinnen auf die Suche nach einer noch nicht existierenden Sprache, die sie miteinander verbinden kann.

Die drei Performerinnen erkunden zunächst diesen trostlosen Planeten, auf dem sie da gelandet sind. Ganz in Schwarz gekleidet und mit spiegelnden Visieren wandern und stolpern sie umher, klettern auf schimmernde Discokugeln, befühlen den krümelig-aschigen Boden. Dazu atmosphärische Klänge, die später von Suzuki am Mischpult weiterentwickelt werden.

Das unsichere Erforschen des Raums entfaltet sich irgendwann tänzerisch und auch akustisch zu einem Rave, der allerdings ein wenig willkürlich und kraftlos erscheint und am Ende zu lange andauert.

„Glitch Witch“ ist im Rahmen der „Encounters“-Reihe des Dance On Ensembles – ein Ensemble für Pro­fi­tän­ze­r*in­nen über 40, das mit seinen Arbeiten eine neue Sicht auf Altern in unserer Gesellschaft und insbesondere im Tanz wirft – entstanden. Ei­ne*r Tän­ze­r*in des Ensembles arbeitet mit ei­ne*r Cho­reo­gra­f*in zusammen, wobei beide auch tänzerisch interagieren sollen.

Seit über 20 Jahren in Berlin aktiv

Mit Meg Stuart steht nun eine Tanz- und Choreografie-Größe mit auf der Bühne. Seit über 20 Jahren ist Stuart mit ihrer Company Damaged Goods in Berlin aktiv und arbeitet an der Schnittstelle von Tanz und Theater. Deutschlandpremiere war in Berlin im Hebbel am Ufer, quasi zeitgleich mit der Neuigkeit, dass das Dance On Ensemble zumindest für 2025 weiterhin seine Förderung erhält – nach den letzten Wochen endlich eine gute Nachricht!

Leider wirkt vieles an diesem Abend willkürlich. In welcher Beziehung stehen die drei Performerinnen zueinander? Mal kuscheln sie, dann rangeln sie und dann wandern sie wieder alleine umher. Die Chemie stimmt nicht so ganz. Damit wird kurz gebrochen, als das beständige elektronische Dröhnen und Wummern abrupt abricht und die drei munter anfangen durcheinander zu plappern, die Bühne verlassen und neue Kostüme holen.

Sie tauschen ihre schwarze Kleidung gegen kunterbunte und wild geschnittene Kostüme und plaudern dabei, als wären sie irgendwo hinter der Bühne in der Garderobe. Ganz locker und entspannt lernen sie sich selbst dabei kennen, stellen Fragen nach dem Lieblingstier, beraten sich in der Kostümauswahl und helfen sich beim Ankleiden. Das ist ein netter Bruch, der sehr humorvoll die bisherige Düsternis auflockert.

Verwirrung und Chaos

Worauf das jedoch hinausläuft, ist ebenfalls unklar, denn prompt gehen die drei wieder auseinander und es geht ähnlich weiter wie zu Beginn: Sie schwanken und erkunden den Raum, nähern sich aneinander an, um sich dann wieder zu entfernen, klettern und kriechen über die verbrannte Landschaft.

Zwischendurch bespielen Meg Stuart und Mieko Suzuki die Turntables mit ihren gesamten Körpern. Zum Zusehen ist das recht komisch, akustisch aber geht es ganz schön auf die Ohren.

Es bleiben also Verwirrung und Chaos, was zumindest den Hexen-Kontext des Titels spiegelt. Deren Wildheit lässt sich in „Glitch Witch“ doch wiederfinden. Trotzdem fehlt dem Abend eine klare Linie.

Einen schönen Abschluss gibt es zumindest mit einem Solo von Omagbemi, wobei endlich ihre tänzerischen Fähigkeiten und ihr Ausdruck sichtbar werden. Trotzdem hätte man von der Kombination Meg Stuart und Dance On etwas mehr erwartet können.

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