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Tanja Tricarico über Gesetze gegen Fake News in FrankreichDie Anti-Netz-Keule

Er ist schwul, hinterzieht Steuern und seine Ehe ist lediglich vorgetäuscht: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat so manches fiese, über das Netz verbreitete Gerücht aushalten müssen. Noch im Präsidentschaftswahlkampf drohte er mit der vollen Härte des Gesetzes, um solche Machenschaften im Internet zu unterbinden.

Jetzt ist es so weit. Die Nationalversammlung stimmte Macrons Vorschlag zu. Nun können die Richter in Wahlkampfzeiten ohne viel Aufhebens das Abschalten von Webseiten anordnen und die weitere Online-Verbreitung von Informationen verhindern. Was wie ein längst fälliger Schlag gegen digitale Trolle und dubiose Nachrichtenmaschinen im Auftrag feindlicher Regierungen klingt, birgt enorme Gefahren für die Meinungsfreiheit.

Wer entscheidet, was Wahrheit oder Lüge ist? Wer befindet darüber, ob eine Informationen gestreut werden darf oder nicht? Das Gesetz riecht nach Willkür und vorschnellem Ausschalten von Nachrichten, die den politisch Verantwortlichen nicht passen. Zugleich sind gezielt veröffentlichte und breit gestreute Fake News im politischen Machtkampf nicht mehr wegzudenken. Die Präsidentschaftswahlen in den USA oder Brasilien sind beste Beispiele dafür. In beiden Staaten instrumentalisierten die Kandidaten digitale Dienste wie WhatsApp oder Twitter, um zu lügen, den Gegner zu verleumden oder Feinde zu brandmarken, die es in dieser Form gar nicht gibt.

Der Gesetzgeber muss ein Auge auf solche Machenschaften haben und juristische Lücken schließen. Keine Frage. Deshalb ist die Entscheidung der französischen Nationalversammlung, ein Gesetz gegen Fake News zu beschließen, richtig. Aber ohne Überprüfung und Kontrolle dürfen Webseiten und Beiträge in Netzwerken nicht einfach gelöscht werden.

Die Gratwanderung zwischen dem Recht, Meinungen zu äußern, und der Verunglimpfung von Personen muss vor allen Dingen die Justiz auf sich nehmen. Sonst ist Schluss mit der Freiheit des Internets – und damit auch der freien Meinungsäußerung.

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