: Taktische Mesalliance in der Contra–Führung
■ Morgen beginnt in Nicaragua eine neue Runde der Friedensverhandlungen / Die Contra–Delegation wird Militärchef Enrique Bermudez anführen, der bisher das Friedensabkommen abgelehnt hat sich nun mit dem gemäßtigten Contraführer Alfredo Cesar verbündete
Aus Managua Ralf Leonhard
Die nicaraguanischen Contras haben ihren internen Machtkampf für beendet erklärt und sich mehrheitlich hinter ihren Militärchef Enrique Bermudez gestellt. Dies geht aus einem in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa veröffentlichten Dokument hervor, das die Unterschriften der fünf Mitglieder der politischen Führung der Contra sowie von 70 militärischen Kommandanten trägt. Oberst Bermudez, unter der 1979 gestürzten Diktatur Somozas Offizier der berüchtigten Nationalgarde, wird auch die Contra– Delegation anführen, die morgen mit den Sandinisten zu einer neuen Runde in den Friedensgesprächen zusammentrifft. Das politische Direktorium der Contra wird durch Alfredo Cesar vertreten, der sich mit dem militärischen Oberbefehlshaber verbündet und seinen Rivalen Adolfo Calero als Wortführer ausgebootet hat. Auf Wunsch der Contras, die den Termin wegen innerer Streitereien zweimal verschieben mußten, finden die Gespräche aller Voraus sicht nach nicht mehr, wie zuletzt, in Managua statt, sondern im kleinen Grenzort Sapoa, wo am 23.März das Rahmenabkommen unterzeichnet wurde. Warum Bermudez, alias „ Comandante 3–80“, ein entschiedener Gegner eines Friedensabkommens, zum erstenmal nun an den Verhandlungen teilnimmt, ist noch nicht klar. Bermudez hat sich dank der Intervention der CIA und der honduranischen Armee in einem wochenlangen Machtkampf um die Führungsrolle innerhalb des Contra–Dachverbandes „ Resistencia Nicaraguense“ durchgesetzt. Mitte Mai wäre es fast zum bewaffneten Zusammenstoß zwischen Dissidenten und loyalen Truppen der Contra in Honduras gekommen. Die Contra–Offiziere, die in der Basis von Yamales kommandierten, wurden von der honduranischen Armee festgenommen und in die USA abgeschoben. Gleichzeitig konnten Putschversuche der zivilen Führung gegen den diktatorischen und korrupten Militärchef der Contra abgeblockt werden. Gewinner der Krise ist vorerst Alfredo Cesar, das gemäßigteste Mitglied des fünfköpfigen Direktoriums. Durch ein taktisches Bündnis mit Hardliner Bermudez konnte er Calero und Chamorro austricksen und ist nun zum starken Mann der politischen Führung geworden. Alfredo Cesar war bis Juni 1982 Chef der nicaraguanischen Zentralbank in der sandinistischen Regierung. Er will bei den Gesprächen günstige Bedingungen für seine Rückkehr nach Nicaragua aushandeln, wo er mit einer neuen Partei sozialdemokratischer Tendenz in der Politik mitzumischen gedenkt. Er ist daher an einem Fortschritt der Verhandlungen interessiert. Anders Enrique Bermudez „Comandante 3–80“, der als Somoza–Spezi und Vasall der CIA in Nicaragua völlig diskreditiert ist und sich schwerlich eine politische Zukunft in seiner Heimat ausrechnen kann. Deswegen ist zu erwarten, daß die Widersprüche zwischen den beiden Verhandlungsführern der Contra bald aufbrechen. Sapoa wird von der Contra der Hauptstadt als Verhandlungsort vorgezogen, weil sie sich von dort jeden Abend nach Costa Rica zurückziehen und mit ihren Mentoren von der CIA beraten kann. Die Sandinisten werden einen neuen Vorschlag vorlegen, der die Verlängerung der Feuerpause, die am 31.Mai ausläuft, um 30 Tage zur Voraussetzung hat und die Periode von der Sammlung der Contra–Kämpfer in den sieben Waffenstillstandsenklaven bis zum Abgeben der Waffen und der Eingliederung ins zivile Leben bis September ausdehnt. Außerdem enthält das Papier einen konkreten Kalender für den nationalen Dialog, wo alle Fragen der Garantien für international anerkannte Kommunalwahlen sowie Eigentumsgarantien im Rahmen der Mischwirtschaft diskutiert werden sollen. Vorher wird noch zu klären sein, welche neutrale Organisation letzten Endes die Versorgung der Contras in den Zonen übernehmen soll. Ein Kompromißvorschlag der Regierung, das von der Contra abgelehnte Internationale Komitee vom Roten Kreuz für einen Monat provisorisch zu beauftragen, um Versorgungsengpässe zu vermeiden, wurde beim letzten Treffen zurückgewiesen. Dennoch beklagten sich die Contras anschließend in Washington, die Sandinisten wollten sie aushungern. Viele haben sich tatsächlich aufgrund von Versorgungsproblemen nach Honduras zurückgezogen. Andere, wie zuletzt eine Gruppe von Contras in der Nähe von Esteli, wollen nicht mehr warten, bis ihre Chefs sich einigen, und haben freiwillig die Waffen abgegeben.
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