: Taktische Manöver
■ Libyen erneuert Vorschläge an Arabische Liga und UNO
Den Haag (ap/afp/taz) - Die libysche Regierung versuchte gestern, im Streit um die Auslieferung der beiden mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter wieder Boden zu gewinnen, nachdem sie die USA und Großbritannien am Donnerstag scharf angegriffen hatte. Der libysche Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ali Ahmed el Hudari, bekräftigte am Donnerstag abend erneut den Willen seines Landes, die Verdächtigen an die Arabische Liga auszuliefern. Diese Bereitschaft hatte seine Regierung bereits Anfang der Woche signalisiert und anschließend wieder zurückgenommen, womit sie die Liga-Vertreter offensichtlich verärgerte. Das Außenministerium in Tripolis sandte daher seinen Liga-Vetreter Ali el Tereki nach Kairo, um Liga-Generalsekretär Esmat Abdel Meguid neue Vorschläge für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu unterbreiten. Meguid erklärte dazu, er werde dem mit der Lockerbie-Affäre befaßten Sonderkomitee der Arabischen Liga das „dringende Ersuchen“ vortragen.
Die Führung in Tripolis machte außerdem einen Schritt auf die Vereinten Nationen zu. Sie lud UN-Generalsekretär Butros Ghali ein, vor Ort die von den USA und Großbritannien gegen sie erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Diese lauten, die Regierung distanziere sich nicht vom Terrorismus und wolle die Verdächtigen nicht ausliefern, weil sie selbst für das Attentat verantwortlich zeichne. Ghali soll eine unabhängige Untersuchungskommission einberufen, deren Spruch sich die libysche Regierung beugen will.
Die USA versuchten am Freitag den Internationalen Gerichtshof in Den Haag daran zu hindern, mit einer einstweiligen Verfügung UN- Sanktionen gegen Libyen zu verbieten. Die US-Experten griffen die Rechtmäßigkeit des Verfahrens an, da es sich nicht um einen bilateralen Streitfall, sondern um ein Anliegen der Internationalen Gemeinschaft handele, das Attentat aufzuklären. Sie hätten niemals auf eigene Faust, sondern immer nur in Übereinstimmung mit dem Sicherheitsrat gehandelt. Der libysche Staatschef drohte dagegen in einem Interview mit der französischen Zeitschrift 'Figaro‘, er werde seinen „Feinden“ den Zugang zum Binnenmarkt seines Landes versperren. Eine Entscheidung des Sicherheitsrats über die Verhängung der Sanktionen wird nun für Montag oder Dienstag erwartet. Am Wochenende sollen noch eimal alle drei Parteien in Den Haag zu Wort kommen dürfen.
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