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Tag gegen Gewalt an FrauenSchwarz-Rot setzt das Thema nicht auf die Tagesordnung

In der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses geht es dennoch um das Problem. Grüne und Linke bringen einen Antrag für einen Betroffenenbeirat ein.

Zeichen setzen: bei einer Aktion von Terre des Femmes zum Tag gegen Gewalt 2021 an Frauen am Brandenburger Tor Foto: dpa/Carsten Koall

Berlin taz | Weltweit wird am 25. November der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (englisch: „International Day for the Elimination of Violence against Women“) begangen – als Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen. Auch in Berlin mit verschiedenen Veranstaltungen. Nur der schwarz-rote Senat stellt sich quer.

In diesem Jahr 2023 rückt UN Women Deutschland die Gewalt gegen Frauen und Mädchen im öffentlichen Leben (und damit auch in der digitalen Welt) in den Mittelpunkt der Kampagne. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ist Schirmfrau. Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal und der Fußballprofi Fabian Reese unterstützen die Kampagne als Botschafter. Die Farbe Orange symbolisiert eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen, sie wurde im Zuge der von den Vereinten Nationen initiierten Orange-the-World-Kampagne festgelegt.

In Berlin war es bislang Usus, dass sich das Abgeordnetenhaus in der Sitzung, die im Vorfeld des Gedenktages stattfindet – also diesmal am 21. November – dem Thema mittels eines Antrages der Regierungsfraktionen widmet. In diesem Jahr ist das anders, erstmals seit langem. Das sorgt für Unmut auf Seiten der Opposition.

„Es war gute Tradition“, sagt Bahar Haghanipour, Sprecherin für Frauenpolitik und Gleichstellung der Grünen-Fraktion und Vizepräsidentin des Landesparlaments, „dass alle demokratische Fraktionen im Abgeordnetenhaus anlässlich dieses Gedenktages einen Antrag einbringen und damit das Thema auf die Tagesordnung setzen. Denn Gewalt gegen Frauen ist in unserer Gesellschaft ein Problem.“

Fast jeden Tag ein Femizid

Das ist bittere Realität, sagt Haghanipour. Fast jeden Tag wird in Deutschland ein Mädchen oder eine Frau getötet. 2023 gab es fast 1.000 versuchte Femizide, 360 Mal starben ein Mädchen oder eine Frau dabei. Das geht aus dem aktuellen Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ hervor, das Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag vorgestellt haben.

„In Berlin haben wir in diesem Jahr bereits 29 Femizide“, sagt Bahar Haghanipour. „Das ist alarmierend und erschreckende Realität, die wir nicht ignorieren dürfen, über die wir sprechen müssen, damit sich die Situation bessert, damit niemand wegschaut, und wir als gesamte Gesellschaft unseren Beitrag leisten – auch wir in der Plenumsdebatte.“

Deshalb hat die Grünen- gemeinsam mit der Linksfraktion einen Antrag für einen Betroffenenbeirat eingebracht, damit die Perspektive und Expertise der Betroffenen – die ja am besten wissen, was Gewalt bedeutet – mit einfließen in den Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. „Die verpflichtet uns ja seit 2018 dazu, Gewaltschutzmaßnahmen umzusetzen“, sagt Haghanipour. Die Plenardebatte ermöglicht es, öffentlich im Abgeordnetenhaus über den Antrag zum Betroffenenbeirat zu beraten. Es handelt sich um Tagesordnungspunkt 49 (von 50).

Es brauche Maßnahmen, die von der Politik umgesetzt werden müssen, macht Haghanipour klar. Berlin wäre da eigentlich auf einem guten Weg. „Der Senat tut auch etwas, sorgt zum Beispiel für mehr Schutzplätze“, räumt Haghanipour ein. „Gleichzeitig aber haben die Koalitionsfraktionen anlässlich dieses Gedenktages keinen Antrag vorgelegt. Obwohl Senatsmitglieder stets und immer wieder betonen würden, wie wichtig der Gewaltschutz wäre. Das würden aber nicht nur schöne Worte bedeuten und irgendwelche Ankündigungen, sondern konkrete Anträge.“

Großdemo am 25. November

Die innovative Idee für einen Betroffenenbeirat hatten nicht die Berliner Grünen. Einen Beirat dieser Art gibt es schon in Bremen, der Stadtstaat ist Vorreiter. „Dort funktioniert er gut“, weiß Haghanipour, „und wenn etwas gut funktioniert, dann kann man ja überlegen, ob es nicht gut wäre, das hier in Berlin nachzumachen.“

In Berlin rufen feministische Organisationen anlässlich des Gedenktages zu Aktionen, Kundgebungen, Demonstrationen auf. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen an den Universitäten wie der UdK. In etlichen Bezirken finden Workshops, Lesungen und Mahnwachen statt. Vor der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung wird – wie auch vor einigen Rathäusern in einzelnen Bezirken – die landeseigene Anti-Gewalt-Flagge gehisst.

Am 25. November findet ab 9 Uhr dann eine Fahnenaktion am Brandenburger Tor von Terre des Femmes unter dem Motto #WennDieGewaltNichtAufhört statt. Und wie schon im vergangenen Jahr organisiert das breite Bündnis „25.11.“ eine Großdemonstration. „Lasst uns (gewaltfrei) leben! – Istanbul-Konvention umsetzen JETZT!“ lautet das Motto. Die Demo startet um 16 Uhr vor dem Abgeordnetenhaus Berlin in der Niederkirchnerstraße und führt über verschiedene Straßen zum Lustgarten.

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