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Tag des offenen Denkmals am 8. SeptemberEin bunt blühendes Erbe

Der berühmte Staudenzüchter Karl Foerster hat der Gartenkunst in Potsdam ein lebendiges Denkmal gesetzt. Ein Rundgang durch Wohnhaus und Garten.

Als wäre er nur mal eben in den Garten gegangen: Wohnhaus und Garten von Karl Foerster in Potsdam Foto: Marianne Majerus/Deutsche Stiftung Denkmalschutz

Potsdam-Bornim taz | Kollegin M. wohnt seit ein paar Jahren im Brandenburgischen und hat sich hinterm Eigenheim ihren persönlichen Gartentraum erfüllt. Mit Stolz führt sie durch ihr blühendes Paradies und zeigt hier und da auf angeschaffte Blumenstauden – der Name Karl Foerster fällt dabei immer wieder.

Die Kollegin schwört auf die anno dazumal von Foerster gezüchteten Stauden, die man nach wie vor in Potsdam-Bornim, seinem langjährigen Wirkungsort, kaufen kann. „Fahr da mal hin, schau dir sein Wohnhaus und vor allem seinen Garten an“, sagt sie von Blumenfan zu Blumenfan, „du wirst begeistert sein.“

Tag des offenen Denkmals

Geschichte(n)

Der Tag des offenen Denkmals findet seit 1993 statt, koordiniert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Der Aktionstag findet jährlich am zweiten Sonntag im September statt und verzeichnet laut Veranstalter jeweils mehrere Millionen Besucher. Vor allem sonst nicht zugängliche geschichtsträchtige Orte lassen sich bei Führungen entdecken, die Bedeutung des baukulturellen Erbes wird erlebbar. Deutschlandweit listet das Programm rund 6.000 Veranstaltungsorte auf. Für Berlin finden sich 287 Denkmäler, die Palette der Angebote reicht von Kirchen über Industriebauten und Museen bis hin zu sonst nicht zu besichtigenden Depots wie dem des Landesdenkmalamtes Berlin. (heg)

Und das stimmt. Wer durch die eher unscheinbare Gartenpforte in das Reich von Karl Foerster (1874–1970) eintaucht, hat einen atemberaubenden Blick auf Garten und Wohnhaus, beides steht seit 1981 unter Denkmalschutz. Über die letzten Jahre hinweg wurde das Haus umfassend restauriert; zum 150. Geburtstag von Karl Foerster in diesem Jahr konnten die Arbeiten abgeschlossen werden.

Die lassen sich ausschließlich bei kostenpflichtigen Einzel- und Gruppenführungen begutachten, die online zu buchen sind. Die rund 5.000 Quadratmeter große Gartenanlage aber ist kostenlos zu besuchen (Spenden sind erbeten).

Er kennt das Haus aus dem Effeff

Felix Merk wartet an diesem hochsommerlichen Mittwoch schon auf die taz. Als Kurator war er im Auftrag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) für die Restaurierungsarbeiten am Haus zuständig, er übernimmt auch Führungen. Merk kennt das Haus aus dem Effeff, hat unerschöpfliche Details zum Gebäude und Anekdoten aus dem Leben der Foersters parat.

„Eigentlich ist alles von der Familie noch da, auch der Ostereierschmuck aus den 1950er Jahren“, sagt Felix Merk, während wir im sogenannten Musikzimmer, das mit der Restaurierung in die Zeit von 1958 zurückversetzt wurde, auf dem originalen Sofa von früher sitzen. Das ausladende Sitzmöbel ist mit neuem Stoff überzogen. „Den haben wir extra in Grimma weben lassen“, erzählt Felix Merk.

Die alten Dielen sind lichtgrau gestrichen, an den Wänden Leimfarbe in gelben und rosa Pastelltönen. Statt Stuck an der Decke verläuft oben an den Wänden (und auch anderswo) eine schwarze Wellenlinie, die Decke leuchtet in Türkis – „das alles erinnert an das Bauhaus in Dessau“, sagt Felix Merk völlig zu Recht. „Über mehrere Jahre wurden die wichtigsten Räume und auch die Fassaden streng nach Befund restauriert.“

Die aufwendigsten Arbeiten betraf das Gebäudeäußere. Das Wohnhaus entstand 1910/11 zeitgleich und inmitten der Gartenanlage als ein homogenes Ensemble. Der Kratzputz, zu DDR-Zeiten in den 1960ern bei einer Renovierung aufgebracht, wurde durch den ursprünglichen Kaltputz ersetzt. Hinzu kamen Schornsteine nach historischem Vorbild, dichte Fenster mit Holzläden und kleiner Sprosseneinteilung. Mehr als eine Million Euro hat die treuhänderische Marianne-Foerster-Stiftung für Erhaltung von Haus und Garten bisher investiert, auch DSD und andere Stiftungen trugen dazu bei.

Karl Foerster 1965 an der Treppe zum tiefer gelegten „Senkgarten“, dem Herzstück der Gartenanlage Foto: Marianne Foerster Stiftung

Eine harmonische Einheit

Das ist gut angelegte Geld, wie sich beim Rundgang sehen lässt. Es wirkt, als habe die Familie mal eben das Haus verlassen – durch das Esszimmer, wo gerade die alten Ostereier von der Lampe über dem Esstisch hängen, und den anschließenden Wintergarten und die Terrasse, um im Garten nach dem Rechten zu sehen. Im Esszimmer herrschen Grün und Blau vor. „Über die Farben haben sie Garten und Natur ins Haus geholt.“ Das durchdachte Farbkonzept ergänzt das Farb- und Formenspektrum des Gartens. Man könnte sagen, dass Haus und Garten eine harmonische Einheit bilden.

Draußen wartet ein wunderbares Schauspiel: Foerster hat durch Züchtung und Kombination winterharter Stauden, kombiniert mit Gräsern, Farnen, Gehölzen und einzelnen Bäumen, einen Gartentraum geschaffen, der das ganze Jahr über ein vielfältiges Erlebnis ist. Er hat seinen Garten in unterschiedliche Gartenräume wie den Frühlingsweg, das Herbstbeet oder den Steingarten gegliedert.

Das Gartenareal lässt sich schönerweise selbstständig erkunden. Alle Sinne haben hier zu tun. Die Übergänge, auch vom Haus ins Freie hinein, sind fließend. Überall Farben und Düfte, Formen und überraschende Pflanzkombinationen. Rund 5.000 Etiketten klären über die Botanik auf.

Und es wird deutlich: So eine riesige Gartenanlage samt Haus kostet viel Zeit und Geld für die ­dauerhafte Pflege. Der Boden hier ist mager, es muss viel gedüngt und im be­kanntermaßen niederschlags­armen Brandenburg noch mehr gegossen werden.

Stauden in alle Welt

Karl Foerster wurde 1874 in Berlin als einer der Söhne des Astronomen Wilhelm Julius Foerster, Direktor der Berliner Königlichen Sternwarte, geboren. Er ging in der Schlossgärtnerei Schwerin in die Lehre und begann mit knapp 30 Jahren, seine eigene Gärtnerei zunächst im Garten der Eltern in Berlin-Westend aufzubauen. Mit Erfolg. Foerster beginnt zu züchten, gibt erste Prospekte heraus, das Geschäft floriert. 1910 verlegt er seine Staudengärtnerei nach Potsdam-Bornim – 60 Jahre lang verschicken der Staudenzüchter bzw. seine Mitarbeitenden Stauden in alle Welt.

25 Jahre Staudenmarkt

Das würde sicher Karl Foerster freuen: Der Berliner Staudenmarkt feiert ein Jubiläum. Seit 25 Jahren ist er einer der gefragtesten Pflanzenmärkte in Deutschland, traditionelle Familienbetriebe und Gärtnereien bieten ihre Ware an. Tausende Pflanzen­lieb­haber:innen aus der gesamten Region reisen an. Erstmals im Britzer Garten stattfindend, gibt es am 7. und 8. September ein umfangreiches Sortiment mit vielen Raritäten, die in den Garten­centern der Baumärkte nicht zu finden sind. (heg)

Foerster gilt als Vordenker der modernen Gartenkunst, und so hat er uns auch heute noch etwas zu sagen. Schon 1925 monierte er die „leblose Uniformität und Gradlinigkeit“ der damaligen Gärten. Der Pionier der Staudenzucht brachte über 360 Staudensorten in den Handel und hat dafür geworben, Ziergräser in die Gartengestaltung einzubeziehen. Seine Züchtungen – Phlox und Rittersporn, seine Lieblingsstaude, wachsen noch heute in seinem Garten rund ums Haus – und eben in vielen Privatgärten.

Felix Merk hat die Tochter von Eva und Karl Foerster viele Jahre gekannt, er hat mit Marianne Foerster (die 2010 verstarb) seit 2001 zusammengearbeitet. Die Tochter trat in die Fußstapfen ihres Vaters und ging bei ihm in die Gärtnerlehre.

Marianne Foerster war lange Zeit als Gartenarchitektin im Ausland tätig. Erst 1990 kehrte sie nach Bornim zurück, um sich um ihre Mutter Eva bis zu deren Tod im Jahr 1996 zu kümmern. Sie organisierte die Pflege des Gartens und machte ihn für Besucher zu einem einmaligen Erlebnis. Sie begleitete die Rekonstruktion verlorener Gartenbereiche anlässlich der Buga 2001 in Potsdam, erzählt Felix Merk. „Und ihr ist es auch zu verdanken, dass Garten und Haus bis heute so authentisch erhalten geblieben sind.“

Komplexe Persönlichkeit

Im Jahr 2001 wurde eine treuhänderische Stiftung für den Foerster-Garten unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegründet. Der nach ihr benannten treuhänderischen Stiftung vermachte Marianne Foerster das Wohnhaus und den Garten, die voller Geschichte(n) stecken – nicht nur zum Tag des offenen Denkmals.

„Selten sind Arbeits- und Lebenswelt eines Künstlers so vollständig, unberührt und umfangreich erhalten, wie bei Karl Foerster“, sagt Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny. Es könne zum Verständnis der komplexen Persönlichkeit Karl Foerster dienen, zur Beantwortung neuer und unbeantworteter Fragen. Denn Foerster arbeitete auch in Nazi-Zeiten weiter, stellte den Betrieb auf Gemüse und Kartoffeln um – und trat 1940 in die NSDAP ein, half aber auch nachweislich vom Regime Verfolgten. All das ist auf den entsprechenden DSD-Internetseiten nachzulesen.

„Dass dieses Erbe – Haus, Inventar und Garten – in die treuhänderische Marianne Foerster-Stiftung übertragen wurde“, sagt SkudelnSkudelnyy, „ist für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die wohl größte private Stiftung für Denkmalpflege in Deutschland, Auszeichnung und Verpflichtung zugleich.“

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