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Tag der Pressefreiheit 2025„Benenne die Lüge, bleib bei den Fakten“

Eine internationale Journalismuskonferenz in Italien diskutiert Strategien, wie die große Medienmacht der Techtitanen gebrochen werden kann.

Beim Journalismus-Festival in Perugia wurden viele wichtige Thema diskutiert Foto: Siavosh Hosseini/Zuma/imago

„Wir sind keine Opposition, und es geht nicht um unseren Namen Associated Press (AP): Es geht um den Schutz von Meinungs- und Pressefreiheit“, sagte Julie Pace, Chefredakteurin der US-Nachrichtenagentur beim Internationalen Journalismusfest in Perugia Mitte April. Nur zwei Tage zuvor hatte ein US-Bundesrichter das Weiße Haus angewiesen, der AP wieder uneingeschränkten Zugang zu Veranstaltungen von Donald Trump zu gewähren – gestützt auf den Ersten Verfassungszusatz.

Vom 9. bis 13. April war Perugia Treffpunkt internationaler Medienschaffender, darunter viele aus den USA. Debattiert wurde unter anderem über Trumps neuen Umgang mit Medien, die „KI-Kaiser aus dem Silicon Valley“ und das verlorene Vertrauen in den Journalismus.

Ursprünglich sollte an dieser Stelle der Beilage ein Gastbeitrag aus dem Umfeld der New York Times stehen. Doch dort herrscht Zurückhaltung gegenüber öffentlicher US-Kritik. Diese Atmosphäre beschrieb Anya Schiffrin, Direktorin der Spezialisierung Technologie, Medien und Kommunikation an der Columbia University in New York: „Viele meiner Stu­den­t*in­nen haben Angst, eine Petition zu unterschreiben oder gar zu twittern. Sie kommen zu mir ins Büro und fragen: ‚Was kann ich tun?‘ “

Schiffrins Antwort: Medien abonnieren, unabhängigen Journalismus finanzieren – „Kauf die New York Times!“ Die Medienvereinnahmung unter Trump und Elon Musk sei schlimmer als das, was sie in bisher drei Büchern zum Thema je geschrieben habe: „Es handelt sich um die vollständige Übernahme der Regierung durch Technofaschisten.“

„Technik ist nicht bloß eine Rubrik, sondern auch politisch“

Clayton Weimers von Reporter ohne Grenzen USA forderte angesichts der „existenziellen Bedrohung durch Big Tech“ ein Umdenken: „Technologie darf nicht bloß als Rubrik behandelt werden – sie ist eine politische Bewegung.“

Auch Courtney Radsch vom Center for Journalism and Liberty betonte, wie wichtig kritische Tech-Berichterstattung mit tiefgreifenden Fragen sei: „Wir sprechen zu wenig darüber, dass diese Titanen menschenfeindlich sind.“ Whistleblower Christopher Wylie nannte die „Tech Bros“ eine gefährliche Sekte mit unermesslicher Macht: „Im Silicon Valley wächst die Ideologie des Anti-Humanismus.“

Beilage Tag der Pressefreiheit 2025

Die Beilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit 2025 finden Sie

Während Schiffrin beklagte, die USA hätten vor 20 Jahren versäumt, gute Regulierung zu schaffen, sah Radsch rechtliche Grundlagen durchaus vorhanden – sie müssten nur endlich durchgesetzt werden.

Werkzeuge wie Urheberrecht und Transparenzgesetze könnten helfen, die Macht der Tech­giganten zu brechen. Dass Regulierung möglich sei, zeige das Beispiel Brasilien, wo der Oberste Gerichtshof 2024 die Plattform X zeitweise blockierte.

Maria Ressa: „Zuckerberg ist diktatorischer als Duterte“

In Perugia sprach auch die philippinische Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, Mitgründerin des investigativen Mediums Rappler. Tech-Riesen wie Mark Zuckerberg seien größere Diktatoren als Duterte, so Ressa. Sie unterrichtet derzeit an der Columbia University und forderte mehr zivilgesellschaftliches Engagement – auch in Europa: „Wenn wir heute nicht handeln, werden wir morgen nicht zurückgewinnen, was wir heute verlieren.“ Gegen Desinformation empfahl sie: „Benenne die Lüge, bleib bei den Fakten, gib immer Kontext.“

Gemma Terés Arilla leitet die taz Panter Stiftung. Zuvor war sie taz-Auslandsredakteurin und stellvertretende Auslandsressortleiterin bis Ende 2023.

Dieser Artikel ist am 3. Mai 2025 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit erschienen.

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