Tag der Pressefreiheit 2025: Medien werden zensiert, Reporter eingeschüchtert
Der Druck auf unabhängige Medien wächst. In vielen Ländern ist Journalismus ein lebensgefährlicher Beruf. Eine Analyse von Reporter ohne Grenzen.

D ie Bilanz am internationalen Tag der Pressefreiheit ist ernüchternd. Journalist*innen sind nicht nur wachsenden Bedrohungen und Risiken ausgesetzt. Auch der wirtschaftliche Druck auf Medienschaffende hat in den vergangenen Jahren weltweit weiter zugenommen: Die wachsende Medienkonzentration wird besonders problematisch, wenn Medienunternehmer*innen ihre meinungsbildende Macht zu politischen Zwecken missbrauchen.
Der Rückgang von Anzeigen und Abos und der Druck durch Anzeigenkunden werden in einkommensschwachen Ländern durch den drastischen Rückgang der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit verschärft. Medien sehen sich der großen Herausforderung ausgesetzt, ihre redaktionelle Unabhängigkeit zu erhalten und gleichzeitig ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern.
Doch damit nicht genug: Immer mehr Regierungen attackieren kritische Berichterstattung, gezielte Kampagnen gegen Medienschaffende nehmen zu. Auch in Deutschland verzeichnen wir Übergriffe auf Medienschaffende und in Teilen der Gesellschaft eine pressefeindliche Stimmung, die weit über berechtigte Medienkritik hinausgeht. Wie erhalten wir unsere Grundrechte, wenn sie in vielen anderen liberalen Demokratien – allen voran den USA – zu bröckeln drohen?
Besorgter Blick auf die USA, Argentinien und Serbien
Die Vereinigten Staaten galten einst als Garant für Pressefreiheit. Doch aktuell prägt eine aggressive Rhetorik gegen Medien das Klima. Kaum ein Tag vergeht, an dem Präsident Donald Trump die Presse nicht attackiert. Er bezeichnet Medien, die er nicht mag, als „korrupt“ und „illegal“. Ihre kritischen Berichte seien Teil einer „Hexenjagd“ gegen ihn.
Seit seinem Amtsantritt versucht die Regierung systematisch, kritische Berichterstattung zu erschweren, indem sie unter anderem Trump-nahe Influencer*innen in das Weiße Haus einlädt und etablierte Medien ausschließt. Wichtigen staatlich geförderten Medien wie Voice of America (VOA) will Trump außerdem die Unterstützung entziehen. Die US-Auslandssender sind für Millionen von Menschen – vor allem in autoritären Regimen – eine wichtige Informationsquelle und Alternative zur staatlichen Propaganda. Zusammen mit den Mitarbeitenden von VOA hat RSF dagegen Klage eingereicht und einen ersten Sieg erstritten: Ein Bundesrichter hat die US-Regierung angewiesen, die Abwicklung mehrerer amerikanischer Auslandssender wieder rückgängig zu machen.
Die Beilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit 2025 finden Sie
Auch in Argentinien ist ein Pressefeind am Ruder: Seit Javier Milei im Dezember 2023 das Präsidentenamt übernahm, hat sich die Lage für unabhängige Medien in dem südamerikanischen Land drastisch verschlechtert. Die Regierung führt eine beispiellose Kampagne gegen kritische Journalist*innen, begleitet von gezielten Diffamierungen und wirtschaftlichem Druck.
Besonders besorgniserregend ist der wirtschaftliche Kahlschlag im Mediensektor. Die traditionsreiche Nachrichtenagentur Télam wurde im März 2024 kurzerhand geschlossen, öffentlich-rechtliche Rundfunksender massiv beschnitten. Unabhängige, kleinere Medien wurden von staatlichen Förderungen abgeschnitten, während Großkonzerne von Deregulierungen profitieren. Dadurch wächst die Monopolisierung des Informationsmarkts, was die Medienvielfalt massiv bedroht.
In Serbien eskaliert die Gewalt gegen Journalist*innen: Medienschaffende wurden bei Protesten brutal attackiert, unabhängige Redaktionen sehen sich mit juristischen Schikanen konfrontiert: Einschüchterungsklagen, sogenannte Slapp-Klagen, sollen eine kritische Berichterstattung ersticken. Die serbische Regierung zeigt wenig Interesse daran, diese Entwicklungen zu stoppen.
Gleichzeitig wird das Land zum Zentrum russischer Propaganda: Medien wie RT Balkan operieren ohne Transparenz und beeinflussen gezielt die öffentliche Meinung. Die serbische Regierung verteidigt diese Praktiken und verweigert eine Regulierung russischer Staatsmedien.
Dass Deutschland vergleichsweise gut dasteht, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch hier Handlungsbedarf gibt. Die scheidende Ampelkoalition hat es nicht geschafft, zukunftsweisende Verbesserungen im medienpolitischen Bereich auf den Weg zu bringen. Vieles blieb auf der Strecke, vom Recht auf Verschlüsselung zum Schutz journalistischer Quellen über ein Gesetz gegen digitale Gewalt bis zur Anerkennung des gemeinnützigen Journalismus.
Ermordet oder verhaftet, aber nicht vergessen
Die neue Bundesregierung wird beweisen müssen, ob sie den Schutz der Medien voranbringen will, wie im Koalitionsvertrag versprochen. Dringender Handlungsbedarf besteht beispielsweise bei der Umsetzung der Anti-Slapp-Richtlinie, weil die von der EU gesetzte Frist bald abläuft.
Schlechte Nachrichten gibt es hingegen im Bereich der digitalen Sicherheit: Von der juristisch umstrittenen IP-Vorratsdatenspeicherung, dem biometrischen Abgleich von öffentlichen Internetdaten bis zum Einsatz von Staatstrojanern bei der Bundespolizei zeigt der Koalitionsvertrag ein Missverhältnis zwischen der Einführung zahlreicher neuer Überwachungsbefugnisse für Sicherheitsbehörden und der Achtung von Menschen- und Grundrechten. Wenn tief in die Privatsphäre und die vertrauliche Kommunikation eingegriffen wird, wirkt sich das auf den freien und unabhängigen Journalismus aus.
Anja Osterhaus ist seit 15. April 2024 Geschäftsführerin für Politik und Strategie von Reporter ohne Grenzen in Berlin. Davor arbeitete sie unter anderem für Oxfam Deutschland und im internationalen Sekretariat von Transparency International.
Dieser Artikel ist am 3. Mai 2025 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit erschienen.
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