TV-Wahlkampf in den USA: "Um Arme mache ich mir keine Sorgen"
Der republikanische Vorwahlkampf zieht sich. Am Mittwoch wird die nunmehr 20. Fernsehdebatte abgehalten. Was Moderatoren und die Spitzen-Kandidaten dort eigentlich sagen sollten.
Moderator: Guten Abend, liebe Republikaner - und ein herzliches Willkommen auch an die wenigen Demokraten, die sich den Schlagabtausch der Kandidaten nach wie vor antun. Es ist schön, dass unsere Taktik aufgeht, Ihnen ewige Wiederholungen als News zu verkaufen. Quote ist alles - und die stimmt. Danke an dieser Stelle an unsere Gäste Mitt Romney, Newt Gingrich und Rick Santorum, die sich für nichts zu schade sind. Mister Romney, Mister Gingrich, in New York hat nun das erste schwule Paar auf dem Empire State Building geheiratet. Wie stehen Sie zur Homoehe?
Mitt Romney: Die Homoehe muss verboten werden. Klar, 1994 habe ich schwulen und lesbischen Wählern in Massachusetts als Gouverneur eine effektivere Führung versprochen - was auch immer ich damit genau gemeint habe. Aber nein, ich unterstütze die Homoehe nicht.
Newt Gingrich: Die Ehe ist etwas zwischen einem Mann und einer Frau - oder auch mehreren, das kommt auf die Absprache an. Ich zeige mich da ja eher offen. Und machen wir uns nichts vor, die schwulen und lesbischen Wählerstimmen sind für mich eh verloren, meine lesbische Halbschwester Candace unterstützt nicht einmal meine Kandidatur.
Rick Santorum: Aber ich bin doch die wirklich konservative Alternative zu Barack Obama.
Bleiben wir gleich bei einem wertkonservativen Thema: Abtreibung.
Gingrich: Sie wollen mich hier doch gleich wieder ausbooten. Immer diese Mainstream-Medien, Sie wären doch froh, wenn ich schon längst aufgegeben hätte. Sie verabscheuen mich doch. Aber ich werde weitermachen. Und beim Thema Abtreibung bin ich, im Gegensatz zu Herrn Romney, ganz klar bei meinen konservativen Stammwählern: Abtreibung und Empfängnisverhütung werden unter meiner Präsidentschaft nicht mehr finanziell gefördert werden. Unfassbar, dass man sich hier mit derartigen Nichtigkeiten aufhalten muss.
Romney: Ich unterstütze das Recht auf Abtreibung. Ach nein, ich kandidiere ja nicht als Gouverneur in Massachusetts. Jetzt bin ich dagegen. Also auf jeden Fall "pro life". Obwohl - ach, der Wahlkampf ist noch lang, mal schauen, wie sich die Meinung in konservativen Kreisen entwickelt, da muss ich noch mal etwas abwarten.
Santorum: Aber ich bin doch die wirklich konservative Alternative zu Barack Obama.
Das läuft ja gut, weiter so. Newt Skywalker, gibt's was Neues zur Kolonie auf dem Mond, die Sie errichten wollen?
Romney: Was für ein Spinner. Na, mir soll's recht sein. Staatsmännisch geht anders.
Gingrich: Darf ich jetzt mal, uninspirierter Karrierist? Spottet nur, ich lasse mir mein Hobby nicht nehmen. Und im Weißen Haus werde ich endlich die Mittel haben, die Nasa so aufzustellen, wie es mir gefällt. Der Mond, meine Freunde, ist noch lange nicht das Ende.
Zurück zu dieser Welt und realen Problemen: Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise, soziale Unterschiede. Wie wollen Sie als Präsident auf diese Krisen reagieren?
Romney: Um die Armen mache ich mir keine Sorgen. Wirklich nicht. Ich versuche das zwar immer zu verschleiern, aber kommt schon, Leute: Wer wie ich Millionen gescheffelt hat und als guter Mormone mit den richtigen Leuten teilt, der hat für solche Realitäten keinen Kopf. Außerdem werden sie mich eh nicht wählen, also werde ich Steuererleichterungen für die Reichen und für Unternehmen durchsetzen. Obamas Konjunkturprogramme fand ich vor zwei, drei Jahren gar nicht schlecht - jetzt bin ich aber selbstverständlich dagegen.
Gingrich: Da ich einer der ganz Großen bin - ich sage nur Lincoln, Jefferson, die Roosevelts … Moment, was wollte ich sagen? Warum ist denn jetzt der Teleprompter schwarz, da muss ich ja improvisieren! Na ja, was Lincoln konnte …Steuern runter. Noch Fragen?
Santorum: Aber ich bin doch die wirklich konservative Alternative zu Barack Obama.
Mister Romney, Ihr Interesse gilt nicht den Benachteiligten? Nicht den 99 Prozent, deren Stimme die Occupy-Bewegung in den vergangenen Monaten auf die Straße gebracht hat? Liefern Sie uns mal ein knackiges Statement für die Quote!
Romney: Schauen Sie, für mich ist das alles eine Mühsal, dieses ewige Interesseheucheln. Mich bewegt nicht, was die Menschen über mich denken, und ebenso wenig möchte ich ernsthaft Anteil nehmen am Leben anderer. Fragen Sie meine Mitarbeiter, ich weiß teilweise nicht einmal, wie sie heißen.
Gingrich: Und dann noch die kleinen Leute aus ihren Jobs treiben und selbst kaum Steuern zahlen.
Aber arm sind Sie auch nicht gerade, Mister Gingrich.
Gingrich: Wollen Sie mich schon wieder provozieren? Dann breche ich dieses Duell sofort ab. Diese Medienkampagne gegen mich boykottiere ich.
Gut, zurück zu den Inhalten. Außenpolitik. Wie bewerten Sie die Truppenreduzierung in Afghanistan unter Obama?
Romney: Unsere Jungs müssen nach Hause geholt werden, so schnell wie möglich, da habe ich Obama nicht kritisiert. Aber natürlich muss man erst mal unsere Generäle fragen, bevor man eine solche Entscheidung trifft. Also hat Obama nicht richtig gehandelt, vergesst, was ich eben gesagt habe.
Gingrich: Wenn ich erst einmal Oberbefehlshaber bin, wird nichts ohne Topgeneräle entschieden, und natürlich werden die Truppen wieder aufgestockt. Das große Ganze muss im Blick behalten werden. Daher müssen wir unbedingt noch mal über den Irak reden.
Santorum: Aber ich bin doch die wirklich konservative Alternat…
Großartig, Waffen, Kriege, Islamismus, das sind die Themen, die beim Zuschauer ziehen. Wie steht's mit ihrer Einstellung zum Iran?
Gingrich: Krieg, sofort Krieg. Was soll dieses verweichlichte Sanktionsgehabe? Ich habe schon immer gesagt, dass auch iranische Wissenschaftler Ziel geplanter Anschläge sein sollten. Eigentlich schwebt mir aber ein Aufräumen in der ganzen Region vor. Warum sich nur auf Ahmadinedschad konzentrieren? Pakistan, Jemen, Syrien. Und hatte ich China schon erwähnt? Potenziell sind wir mit jedem im Krieg, mit jedem. Truppenaufstockung in Australien, Truppenaufstockung überall.
Romney: Verdammt, sollte ich hierzu etwa immer die gleiche Meinung gehabt haben? Ich könnte das noch kurz überdenken …
Dafür fehlt uns an dieser Stelle die Zeit, aber wir freuen uns auf Ihre Position beim nächsten Duell. Wie sähe es denn unter Ihnen, Mister Gingrich, mit der Einwanderungspolitik aus?
Gingrich: Raus, eigentlich müssten sie alle raus, die sich illegal hier eingenistet haben. Aber die Wirtschaft, die Wirtschaft. Da können wir auf die Arbeitskraft natürlich nicht verzichten, und politisch korrekter ist es auch, nicht 11 Millionen Menschen zu deportieren. Aber klar ist: Rein ins Land kommt unter mir keiner mehr. Und ich werde das Problem der mexikanischen Grenze lösen, alles eine Frage der Manpower und Zaunstärke.
Romney: Ich wollte ja die Spreu vom Weizen trennen und einige Illegale wegschicken und andere wiederum bleiben lassen, ganz legal natürlich. Das ist jedoch - gerade unter Tea-Party-Anhängern - nicht besonders populär, daher sage ich jetzt: Wir können keine Gnade zeigen bei illegaler Einwanderung.
Santorum: Aber ich bin doch die wirklich konservative Alternative zu Barack Obama.
Lassen Sie uns zum Abschluss noch kurz auf Klimaschutz eingehen, ein Lieblingsthema von uns liberalen Medienvertretern. Wollen Sie es gemeinsam sagen?
Romney, Gingrich, Santorum: Alles Lüge, das mit dem Klimawandel.
Vielen Dank für dieses ehrliche und offene Duell. Bis zum nächsten Mal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau