TV-Finale für "Kommissarin Lund": Lund statt Schund
Fortbildungsmaterial für Krimiautoren: das Finale der grandiosen "Kommissarin Lund" (So., 22 Uhr, ZDF), der Serie für Freunde von Abgründen und Feinsinn.
Um einmal autoritäre Fantasien zu bedienen: Dieses TV-Serienfinale sollten deutsche Filmproduzenten, Programmverantwortliche, Drehbuchschreiber und Intendanten sehen müssen.
Seit neun Wochen bietet - man möchte diese Programmentscheidung preisen und loben noch und noch - das ZDF sonntags ab 22 Uhr den Zehnteiler "Kommissarin Lund". Gut 18 Stunden Drama um einen einzigen Mord, dem an einer jungen Kopenhagenerin, inszeniert als Stück, das in 20 Tagen spielt.
Diese Serie ist seit Ende September der Dauerbeweis, dass sich der "Tatort" in der ARD zuvor kaum lohnt für echte Krimifreunde. Zu viel vorsätzliche Psychologisiererei, Menschelei und Pseudospannung, meist nur: Schnurren, nein, Sedativa.
"Kommissarin Lund" hat fast shakespearehaftes Format. Die Bösen sind nicht immer ungut; die Kommissarin selbst ist im Grunde ein arbeitsmanisches Stück Rücksichtslosigkeit; die Geschichten um diesen bis Sonntagabend ungeklärten Mord sind ohne langweilende Zutaten entwickelt worden, keine spektakulären Autoverfolgungsjagden (Obacht: Rasanz!), keine brennenden Mülltonnen (Achtung: Elendsquartier), kein Gebrüll (hui: echte Emotion).
Diese Serie ist Fortbildungsmaterial und zugleich Mahnmal für die miese Qualität deutscher Krimifilme (sagen wir: abgesehen von "Unter Verdacht" mit Senta Berger). Wir Freunde von Abgründen und Feinsinn haben am Sonntagabend eine letzte Verabredung mit Kommissarin Lund.
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