TV-Begegnung von Clinton und Obama: Gesittetes Theater vorm Show-down
Clinton und Obama unterhalten sich nett im Kodak-Theater in Los Angeles. Fünf Tage vor dem Show-down am "Super-Tuesday" wurden noch einmal die Unterschiede deutlich.
WASHINGTON taz Das Feuerwerk fiel diesmal aus. Wer bei der neuerlichen Fernsehdebatte zwischen den demokratischen Präsidentschaftsbewerbern Hillary Clinton und Barack Obama einen temperamentvollen Schlagabtausch erwartet hatte, der kam am Donnerstagabend nicht so recht auf seine Kosten. Nur fünf Tage vor dem "Super-Tuesday", dem Megawahltag am 5. Februar, blieben beide wild entschlossen, höflich und faktisch zu diskutieren. Dafür wurden die politischen Unterschiede noch einmal klar deutlich. Am kommenden Dienstag werden die Wählenden in zwei Dutzend Bundesstaaten und einem US-Territorium ihre Präsidentschaftskandidaten küren.
Genau vier Wochen nach dem Beginn der US-Vorwahlen hatt sich die demokratische Bewerberrunde von einst acht auf nunmehr zwei Kandidaten reduziert. Am Mittwoch hatte schließlich auch der "ewige Dritte", Senator John Edwards, das Handtuch geworfen und war aus dem Rennen ums Weiße Haus ausgestiegen. So saßen Hillary Clinton und Barack Obama im riesigen Kodak-Theater in Los Angeles, in dem jährlich die Oscar-Verleihung stattfindet, erstmals nur noch zu zweit auf der Bühne. Der Fernsehsender CNN hatte die beiden Rivalen nebeneinander, wie auf einer Schulbank, an kleine Tische gesetzt.
Ob es an der Sitzordnung lag, oder an dem festen Willen der beiden Rivalen, die Schlammschlacht der letzten Woche einstweilen Ruhen zu lassen - die Diskussion drehte sich gesittet zunächst um die Innenpolitik. Die Kontrahenten erklärten, stets bemüht auch ihre Gemeinsamkeiten zu betonen, ihre unterschiedlichen Positionen zu Fragen der Gesundheitsreform, der Wirtschaftspolitik und der Einwanderungspolitik.
Clinton punktete nach Meinung der Analysten und erster Zuschauerauswertungen klar bei ihrem Leib-und-Magen-Thema Gesundheitspolitik. Obama wiedersprach ihr überzeugend beim Thema Immigration. Er sagte, dass ihre Haltung, die Probleme der Innenstädte auf die illegalen Migranten zu schieben, der Suche nach einem billigen Sündenbock gleichkäme. Beide sind sich allerdings einig in ihren Grundpositionen: Eine bessere Gesundheitsversorgung, die Zurücknahme der Steuergeschenke für die Reichen und eine umfassende Reform der Einwanderungsgesetzgebung. Ein von Obama befürwortetes Recht auf den Führerschein für illegal Eingewanderte, der auch als Ausweis dienen würde, lehnt Clinton ab.
Immer wieder fischten beide mit bestimmten Reizwörtern wie "Armut" und "Arbeiterklasse" nach den Edwards-Wählern. Beide versuchen diese zusätzlichen Stimmen nun abzuwerben. Edwards hatte, als er seinen Rücktritt erklärte, nicht gesagt, welchen der beiden Kandidaten er in Zukunft unterstützen werde. Obama lobte Edwards als prägende Stimme des Landes, Clinton lobte seinen Mut und seine Führungsstärke.
Kontrovers wurde es schließlich als Moderator Wolf Blitzer die beiden zum Krieg im Irak befragte. Hier gelang es Obama wieder seine Stärke auszuspielen. Er hatte sich 2003 von Anfang an gegen den Krieg ausgesprochen. Deutlich warf er Clinton vor, sehr wohl gewußt zu haben, dass sie mit ihrer damaligen Zustimmung Bush zu einem Angriffskrieg autorisiert habe. Clinton musste sich daraufhin ein Mal mehr rechtfertigen. Auf Basis der Fakten, die heute bekannt sind, hätte sie damals anders entschieden, sagte sie. "Waren sie also naiv im Vertrauen auf Bush?", fragte sie der Moderator. Woraufhin Clinton ihm einen gequält lächelnden Blick zuwarf und sagte: "Netter Versuch, Wolf. Nein, das war ich sicher nicht."
Beide Kontrahenten betonten, dass sie die US-Streitkräfte möglichst schnell aus dem Land abziehen wollten. Obama, der als Präsident die Truppen innerhalb von 16 Monaten abziehen und den Krieg beenden will, sagte auch: "Ich denke es ist wichtig, die Truppen so vorsichtig abzuziehen, wie sie scheinbar sorglos ins Land geschickt wurden." Es gehe ihm zudem darum, langfristig mit der Mentalität aufzuräumen, die die USA in diesen Krieg getrieben habe. Clinton wollte sich nicht auf einen bestimmten Zeitrahmen zum vollständigen Rückzug festlegen. Sie betonte nur, dass sie als Präsidentin innerhalb von 60 Tagen mit dem Truppenrückzug beginnen werde.
"Ich war vor der Kampagne mit Hillary Clinton befreundet. Und ich werde auch nach dem Wahlkampf mit Hillary Clinton befreundet sein", sagte Obama. Clinton sagte, indem sie eine Geste in Richtung Obama machte, "Schauen Sie uns an, sehen wir aus wie Mehr vom Gleichen? Wir beide werden unser Land verändern", woraufhin das Publikum, in dem zahlreiche prominente Schauspieler und Hollywoodgrößen wie Diane Keaton, Pierce Brosnan und Stevie Wonder saßen, laut applaudierte. Auf die Frage, ob sie auch ein Team bilden könnten, antworteten beide freundlich ausweichend.
Vor allem Clinton musste einige kritische Fragen von Zuschauern beantworten. So fragte eine Zuschauerin per E-mail: "Es sind seit 20 Jahren immer die zwei gleichen zwei Familien im Weißen Haus - Bush und Clinton. Wie können Sie da für Wandel stehen?" Sie bedauere immer wieder, dass derzeit erneut ein Bush regiere, scherzte Clinton. "Jeder soll nur aufgrund seiner eigenen Leistungen beurteilt werden", sagte die Ex-First Lady. Bill Clinton habe nach dem ersten Bush aufgeräumt. "Ich denke, vielleicht braucht es wieder einen Clinton, um nach dem zweiten Bush aufzuräumen", sagte Clinton und erhiet tosenden Beifall.
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