TUI-Sprecher über Seenotrettung: „Ein Gebot der Humanität“
Das TUI-Kreuzfahrtschiff „Marella Discovery“ nahm 111 in Seenot geratene Geflüchtete auf. Für Konzernsprecher Bernd Hoffmann ist das eine Selbstverständlichkeit.
taz: Vergangenen Freitag nahm Ihr Schiff 111 in Seenot geratene Flüchtlinge nahe der griechischen Halbinsel Peleponnes auf. Wie verlief die Rettung?
Bernd Hoffmann: Der Rettungseinsatz wurde durch den dringenden Aufruf der griechischen Küstenwache zur Unterstützung eines Boots in Seenot ausgelöst. Aufgerufen waren alle sich in der Nähe der angegebenen Position befindlichen Schiffe. Die „Marella Discovery“ hat daraufhin ihren Kurs geändert und die angegebene Position angesteuert.
Wie wurden die 111 zusätzlichen Fahrgäste untergebracht und versorgt - insbesondere die 33 Minderjährigen unter ihnen?
Die Besatzung der „Marella Discovery“ hat für die aus Seenot geretteten und aufgenommen Menschen an Bord einen Bereich eingerichtet und abgeschirmt, wie es bei Notsituationen an Land auch der Fall ist. Die Geretteten wurden von Teilen der Besatzung betreut und mit Nahrungsmitteln und Getränken versorgt. Unser Schiffsarzt und die Mitarbeiter des Bordhospitals führten medizinische Checks durch, um bei Bedarf weitere medizinische Maßnahmen einzuleiten. Einige der Personen waren leicht dehydriert, sodass die Mitarbeiter mit Getränken helfen konnten.
ist Pressesprecher der TUI Group in Hannover und zuständig für deren Kreuzfahrtgesellschaften. Darunter befindet sich auch die britische Flotte "Marella Cruises", zu der das Schiff "Marella Discovery" gehört.
Wie lang befanden sich die 111 Geflüchteten auf der „Marella Discovery“?
Die Geretteten wurden am Freitagnachmittag an Bord aufgenommen und abends im Hafen von Kalamate sicher an Land gebracht. Von dort aus setzte die „Marella Discovery“ ihren geplanten Kurs weiter fort. Die Fahrgäste wurden vor der Rettung selbstverständlich über die Kursänderung und die Notsituation informiert. Das weitere Vorgehen wurde ebenfalls klar kommuniziert.
Kreuzfahrtschiffe haben aufgrund der Klimabewegung ein schlechtes Image, jetzt wurde das Personal ihrer Crew zu Lebensrettern. Wieso wird dies von der TUI Group nicht öffentlich kommuniziert?
Es versteht sich von selbst, dass wir Menschen in Seenot helfen. Dies ist unabhängig vom Seerecht ein Gebot der Humanität. Die Crew unserer britischen Kreuzfahrttochter Marella hat nach Kapitänsentscheid schnell und besonnen gehandelt. Menschen in Not und in Lebensgefahr hilft man überall auf der Welt, ob zu Hause oder auf See.
TUI erhielt in Folge der Berichterstattung zur Rettungsaktion großen Zuspruch in sozialen Netzwerken. In den Kommentarspalten finden sich allerdings auch kritische Stimmen: So schrieb der AfD-Politiker Gunnar Lindemann, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, auf Twitter: „Warum nicht zurück nach Afrika? Der weg ist viel kürzer.“ Das Reiseunternehmen reagierte auf diesen und andere Kommentare nicht. Andere hingegen schon. Ein Nutzer rief beispielsweise zur Spendenaktion „Ein Atlas für Lindemann“? auf.
Wie positioniert sich TUI zu der Seenotrettung von Geflüchteten?
Bei der Seenotrettung stellt sich die Frage nach der persönlichen Situation des oder der Schiffbrüchigen nicht. Die Seenotrettung stellt für jeden Seefahrer eine Selbstverständlichkeit dar, so auch für unsere Kapitäne und Offiziere. Menschen, die in Not geraten, muss geholfen werden, das ist keine politische, sondern eine menschliche Frage.
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